Die Französin habe keine Kinder mehr gewollt. Sie kam in Untersuchungshaft. Ihr droht eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Villers-au-Tertre. Für ihre Nachbarn waren sie „zuvorkommende, hilfsbereite und höfliche“ Leute – ein ganz normales Paar. Die Mutter muss sich nun wegen eines schrecklichen Verbrechens vor Gericht verantworten: Dominique C. wird die Ermordung von acht ihrer Babys vorgeworfen, deren Leichen seit Sonnabend in dem nordfranzösischen Dörfchen Villers-au-Tertre entdeckt wurden. Die Frau gestand am Donnerstag, die Neugeborenen gleich nach der Geburt erstickt zu haben. Sie habe keine Kinder mehr gewollt, aber auch keinen Arzt um empfängnisverhütende Mittel gebeten, sagte die 45 Jahre alte Krankenpflegerin. Ihr Mann habe von den Schwangerschaften nichts gewusst.

Die Französin wurde in Untersuchungshaft genommen. Ihr droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Der gleichaltrige Vater der Kinder blieb hingegen auf freiem Fuß. Jean-Marie C. beteuerte ebenfalls, er habe von den Schwangerschaften seiner Frau nichts bemerkt. Nach Angaben der Staatsanwalts Eric Vaillant sagte die Mutter aus, ihre erste Geburt sei wegen ihres starken Übergewichts sehr schlecht verlaufen. Seither habe sie keinen Arzt mehr sehen wollen.

In dem rund 620-Seelen-Dorf löste der Fall Entsetzen und Fassungslosigkeit aus. Nachbarn beschreiben die etwa 45 Jahre alten Verdächtigen als ein „Paar ohne Probleme“, Eltern zweier erwachsener Töchter, die selbst schon Kinder haben. Die Mutter sei eine „diskrete Frau, die keiner Fliege etwas zu Leid tun könnte“, meinte eine Jugendliche. Eine Nachbarin nannte die Frau „sehr nett, immer lächelnd“. Dominique C. habe ihr wiederholt bei der Pflege ihres Vaters geholfen, fügte sie hinzu. Der Vater der getöteten Kinder arbeitet bei einer Baufirma als Zimmermann und ist zudem seit mehr als zehn Jahren Mitglied im örtlichen Gemeinderat. „Ein respektabler Mann“, betonte Bürgermeister Patrick Mercier.

Ins Rollen waren die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft am Samstag gekommen, als ein Einwohner des Dorfes beim Umgraben im Garten seines Hauses in Mülltüten die sterblichen Überreste von zwei Babys fand. Das Haus gehörte früher den Eltern von Dominique C. , sie hatten es vor rund zwei Jahren verkauft. Polizisten durchsuchten daraufhin mit Spürhunden auch das Anwesen, das Dominique C. mit ihrem Mann bewohnt. Dort fanden sie bis Dienstag sechs weitere Babyleichen.

Niemandem in dem Dorf sei etwas aufgefallen, versicherte Bürgermeister Mercier. Allerdings sei die Mutter Dominique sehr korpulent. Es sei daher denkbar, dass Schwangerschaften nicht bemerkt wurden. Der Pfarrer der Gemeinde, Robert Meignotte, zündete vor dem Haus des Paares acht Kerzen an. „Ich denke an diese Kleinen, die nicht darum gebeten hatten, geboren und dann weggeworfen zu werden“, sagte er sichtlich bewegt.

21 TOTE BABYS IN CHINA ENTDECKT

Ähnliche Fälle von Kindestötungen haben in Frankreich wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. Im Juni vergangenen Jahres wurde eine 41 Jahre alte Französin zu acht Jahren Haft verurteilt, weil sie zwischen 1999 und 2003 drei Babys nach der Geburt getötet und die Leichen in Gefriertruhen versteckt hatte. Sie sagte vor Gericht aus, sie habe sich die Schwangerschaften selbst nicht eingestanden, ihr Mann habe davon nichts bemerkt.

Im Oktober 2007 waren in der Ortschaft Valognes im Nordwesten Frankreichs in einem Keller die Leichen von sechs Neugeborenen gefunden worden. Die heute 38 Jahre alte Mutter gestand, die Kinder zwischen 2000 und 2007 getötet zu haben. Eine Erklärung für ihre grausamen Taten konnte sie vor Gericht nicht liefern: „Ich würde es gerne selbst verstehen, aber ich kann es nicht.“