Der Junge hatte nachts nicht geschlafen, deshalb soll sein neuer Stiefvater brutal zugeschlagen haben. Er wurde dem Haftrichter vorgeführt.

Plauen/Zwickau. Es ist eine Internetbekanntschaft seiner Mutter, die dem zweijährigen Karsten zum Verhängnis wurde. Der Junge aus dem sächsischen Plauen starb am Mittwochnachmittag, obwohl Ärzte stundenlang um sein Leben gekämpft hatten. Zwei Nächte zuvor soll der nur wenige Wochen zuvor neu eingezogene Stiefvater zum ersten Mal brutal zugeschlagen haben - weil Karsten nachts keine Ruhe gab.

Der Mann wurde am Donnerstagnachmittag dem Haftrichter vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft Zwickau hat einen Haftbefehl gegen den aus Nordrhein-Westfalen stammenden 36-Jährigen beantragt - wegen Mordes. Die Tat sei offenkundig aus niedrigen Beweggründen verübt worden, erklärt Staatsanwalt Bernd Sämann die Verschärfung des Vorwurfs. Die Polizei hatte zunächst lediglich wegen Totschlags ermittelt.

Der zweijährige Junge sei „wegen Kleinigkeiten am ganzen Körper blitzblau geschlagen worden“, sagt Sämann und spricht von einer „klaren Verdachtslage“. Kastens 31-jährige Mutter, die zunächst ebenfalls festgenommen worden war, hat laut Staatsanwaltschaft ihren Freund schwer beschuldigt: Erstmals brutal zugeschlagen habe der in der Nacht zum Dienstag - weil das Kind nicht schlief.

Der Arbeitslose bestreitet die Tat. Die schweren Kopfverletzungen und Hämatome am ganzen Körper des Jungen stammten von mehreren Stürzen, sagte er aus. Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht. Und sie ermittelt auch weiter gegen die Mutter. „Sie sagt, sie hat die Schläge gehört“, so Sämann. Gesehen haben will sie die Prügel nicht - sondern nur, dass ihr Freund den Jungen einmal kräftig schüttelte. Nach Angaben der Mutter soll der Zweijährige im Verlauf des Dienstags noch ansprechbar gewesen sein. Erst am späten Abend rief sie den Notarzt, „da hat das Kind noch gelebt“, sagt Sämann.

Kennengelernt hat die Vogtländerin ihren Lebensgefährten erst vor zwei Monaten im Internet, vor drei Wochen sei er schließlich zu ihr gezogen, heißt es bei der Polizei. Nachbarn fiel die Familie aus dem fünften Stock eines gepflegten Wohnblocks kaum auf. Als der Krankenwagen am späten Dienstagabend mit Blaulicht davonfuhr, sei die Frau gemeinsam mit ihrem Freund in einem Privatauto gefolgt, sagte eine Augenzeugin dem Sender MDR 1 Radio Sachsen. Zuvor habe die Mutter weglaufen wollen und der Lebensgefährte ihr zugerufen: „Du kannst doch jetzt nicht abhauen.“

Laut Staatsanwaltschaft gibt es keine Vorstrafe wegen Kindesmisshandlung gegen den Mann. Nach Aussage der Mutter hatte ihr Freund am Sonntag angekündigt, die Erziehung des Jungen übernehmen zu wollen, weil sie zu nachsichtig und überfordert sei. Nun ist der Junge tot. Seine Leiche soll in den nächsten Tagen obduziert werden.

In Sachsen sorgten in den vergangenen Jahren mehrere Fälle schwerer Kindesmisshandlungen für Aufsehen. Im August 2007 war der zehnjährige Kevin aus dem erzgebirgischen Sehmatal erwürgt worden, in Zwickau war der vierjährige Mehmet nach schweren Misshandlungen im Oktober 2006 gestorben. Der Freistaat hatte 2008 mit der Kampagne „Stoppt Gewalt gegen Kinder“ reagiert. In Plauen selbst hatte ein Fall Ende 2007 Erschütterung ausgelöst: Damals waren drei Babyleichen entdeckt worden. Die Mutter der Kinder wurde im Frühjahr 2009 wegen Totschlags zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.