Drei tote Babys liegen unbemerkt in Kühlboxen in Langgöns. Noch ist nicht klar, wie sie starben - und warum ihr Tod so lange unbemerkt blieb.

Gießen. Nach dem Fund von drei Babyleichen im hessischen Langgöns bestreitet die Mutter weiterhin, ihre Kinder getötet zu haben. Die Frau habe ausgesagt, es habe sich um Totgeburten gehandelt, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Gießen, Ute Sehlbach-Schellenberg, am Donnerstag. Ob die Aussage der 40-Jährigen der Wahrheit entspreche, werde noch geprüft. Bis dahin bleibe es dabei, dass gegen die Frau wegen des Anfangsverdachts eines dreifachen, vorsätzlichen Tötungsdeliktes ermittelt werde.

Die Babys waren bei Auflösung der Wohnung der Frau in Camping-Kühlboxen entdeckt worden. Zwei der Säuglinge waren Jungen. Das Geschlecht des dritten Kindes sei noch nicht geklärt, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft zu den ersten Ergebnissen der Obduktion. Die Babys sollen schon längere Zeit tot gewesen sein, als sie gefunden wurden. Aufgrund des Zustandes der Leichen gestaltet sich die Obduktion der Kinder schwierig. Die Ermittlungsbehörde schloss aber aus, dass es sich bei den toten Säuglingen um Drillinge handelt.

Die Ermittler befragten am Donnerstag zudem weitere Zeugen und werteten Spuren am möglichen Tatort aus. Weil sich die Analyse der Ergebnisse und die Untersuchung der Leichen als schwierig erwiesen, wollten Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst keine gemeinsame Pressekonferenz geben. Zum Aufenthaltsort der Mutter machte die Ermittlungsbehörde keine Angaben. Es sei weiter offen, ob sich der Anfangsverdacht gegen die Frau erhärten werde, sagte Sehlbach-Schellenberg.

Langgöns' Bürgermeister Horst Röhrig (SPD) zeigte sich bestürzt über die Taten in dem kleinen Ort. Die Menschen in der Region seien ziemlich schockiert. „Sonst hört man davon nur in den Nachrichten, plötzlich ist es vor der Haustür.“

Der Kriminologe Rudolf Egg sagte, in Deutschland gebe es nur noch sehr selten Fälle, in denen Mütter gleich mehrere ihrer Babys töteten. Die Zahlen seien in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. In Fällen, bei denen Frauen gleich mehrere ihrer Kinder umbrächten, habe dies meist besondere Hintergründe: „Dann muss man schon von einer starken psychischen Belastung und Störung ausgehen. Mit einem völlig unangemessenen Sozialverhalten versuchen sie, sich des Problems zu entledigen.“

Bei Mehrfach-Tötungen stecke meist ein festes Handlungsmuster dahinter. Wenn sie die toten Babys dann noch aufbewahrten, statt den Leichnam wegzuschaffen, spiele oft „eine emotionale Wiedergutmachung“ eine Rolle, sagte Egg, der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden ist. (dpa)