Fast 160 Menschen mussten das leckgeschlagene Schiff verlassen. Nach einem Fahrfehler erreicht der Havarist mit knapper Not den sicheren Hafen.

Karlsruhe/Rastatt-Plittersdorf. Das Kreuzfahrtschiff streift krachend eine Buhne, schlägt leck. „Man hörte einen ordentlichen Rumms, einen Knall, das Boot rüttelte hin und her“, schildert Ralf Bohlen den Unfall am frühen Morgen zwischen drei und vier. So wie 114 weitere Passagiere hatte sich der 50-Jährige eigentlich auf sieben Tage Erholung pur gefreut. Doch die Flusskreuzfahrt „Rhein Romantik“ endet einen Tag früher als geplant - mit einer Evakuierungsaktion in Karlsruhe, statt wie geplant in Köln.

Dramatische Stunden haben die 115 Fahrgäste an diesem Dienstagmorgen hinter sich, als sie schließlich im Sonnenschein bei Kaffee, Saft und Schnittchen sitzen. Auf dem Ausflugsschiff „MS Karlsruhe“, das im Rheinhafen Karlsruhe dümpelt, sieht es nun aus wie nach einer friedlichen Butterfahrt. Im Morgengrauen hatten sich die Passagiere mitsamt 43 Mann Besatzung mit knapper Not von Bord des Rheindampfers „Bellriva“ gerettet.

„Die Crew hat sich sehr gut um uns gekümmert“, sagt ein 53 Jahre alter Passagier aus Leverkusen, der seinen Namen nicht genannt sehen will. Nur kurz sei ihm ein wenig mulmig zumute gewesen, denn: Im ganzen Schiff habe es nach Diesel gerochen. „Ein bisschen Bedenken wegen eines Feuers hatte ich da schon“, sagt er.

Den 105 Meter langen weiß-orangenen Rheindampfer verließen die Passagiere samt Besatzung in Reih und Glied, erzählt die Belgierin Marianne Sorsak. „Wir wurden durch den Aufprall wachgerüttelt, wenig später dann klopften Crew-Mitglieder auch schon an der Tür.“ Die Menschen wurden nach oben gebracht, während durch Lecks an der Seite des Schiffes viel Wasser hineinströmt. „Wir haben die Schläuche auf den Gängen gesehen“ erzählt Sorsak. Wie viel Wasser tatsächlich hereinkam, sei ihnen nicht klar gewesen.

Das Schiff bekommt kurz Schlagseite und droht zu sinken, rettet sich mit Hilfe eigener Pumpen aber noch in die Nähe der Wasserschutzpolizei Karlsruhe und kann dort anlegen. „Das war großes Glück“, sagen Polizei und Rettungskräfte unisono. Später berichtet die Polizei von insgesamt drei großen Lecks und einem Riss auf einer Seite des Schiffes. Was auf offener Strecke hätte passieren könne, wollen die Fachleute sich lieber nicht ausmalen. Zeitweise mussten bis zu 6000 Liter Wasser pro Minute aus dem Schiff gepumpt werden.

Wie es zu dem Unglück kommen konnte, darüber rätseln jetzt die Experten. Ein „externer Lotse“, also kein Angestellter der niederländischen Reederei, der das Schiff gehört, hatte die „Bellriva“ zum Zeitpunkt des Unglücks gesteuert. Es sei Usus, dass auf bestimmten Streckenabschnitten ein ortskundiger Lotse lenke, sagte ein Sprecher des Kölner Veranstalters 1AVista. Die Dämmerung und der Nebel seien eigentlich keine Erklärung dafür, dass das Schiff in der 90 Meter breiten Fahrrinne zu weit nach rechts abkam und auf die Buhne fuhr - „Fahrfehler“, konstatiert später die Polizei.

Die Passagiere sehen das Unglück gelassen. Panik oder Geschrei gab es nicht, berichten die überwiegend älteren Menschen. Sie werden an Land und dann mit Bussen zur zwei Kilometer entfernt liegenden „MS Karlsruhe“ gebracht und dort versorgt.

Ihr Gepäck bleibt trocken, drei gecharterte Busse bringen sie später nach Köln. „Auf der Costa Concordia bin ich vor zwei Jahren auch mitgefahren“, erzählt Marianne Sorsak mit einer guten Portion Galgenhumor. „Wenn wir das zu tragisch nehmen würden, dann könnten wir ja gar nichts mehr planen“, fügen die äußerst aufgeräumt wirkende Rentnerin Ingeborg Krause (69) und ihre 68 Jahre alte Freundin Frigga Weber hinzu. „Unsere nächste Kreuzfahrt ist schon gebucht.“