50 Minuten lang wurde Prinz Friso nach seinem Lawinenunfall wiederbelebt. War das zu lange? Ein Münchner Herzspezialist erklärt.

Wien/Bregenz. Die Schuldfrage und der genaue Ablauf beim Lawinenunfall des niederländischen Prinzen Friso (43) sind weiterhin ungeklärt. Die Untersuchung der Staatsanwaltschaft Feldkirch zu dem Unglück am 17. Februar im österreichischen Lech am Arlberg dauere noch mehrere Wochen, sagte ein Sprecher am Dienstag der Nachrichtenagentur APA. Ein erster Bericht der Polizei liege zwar vor. Der Bericht eines Sachverständigen fehle aber noch. Es werde auch noch weitere Befragungen geben.

Offen ist noch, ob Prinz Friso oder sein Begleiter, ein 42-jähriger Hotelier, die Lawine auslöste. Die Justiz ermittelt routinemäßig gegen den einheimischen Begleiter wegen fahrlässiger Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen.

Friso wurde von der Lawine verschüttet und erlitt als Folge des langen Sauerstoffmangels und seines Herzstillstands schwere Hirnschäden. Seitdem liegt er in der Uniklinik Innsbruck im Koma. Laut den Ärzten ist es ungewiss, ob er jemals wieder zu Bewusstsein kommt. Derzeit sucht die Königsfamilie nach einer Reha-Klinik.

Herzspezialist verteidigt Prinz Frisos Ärzte

Unterdessen hat der Münchner Herzspezialist Professor Dr. Rüdiger Lange die lange Reanimation des niederländischen Prinzen Johan Friso nach seinem Lawinenunfall verteidigt. „Ich habe in den Medien verfolgt, dass diskutiert wird, ob es falsch war, den Prinzen wiederzubeleben“, sagte Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Deutschen Herzzentrum Münchens der Nachrichtenagentur dpa. Presseberichten zufolge hatte es 50 Minuten gedauert, bis das Herz des Prinzen wieder schlug.

Lange hält diese Diskussion für unsinnig. „Besonders bei einem so jungen Menschen wird man immer alles probieren, gerade weil die Ausgänge so variabel sind. Man würde natürlich immer versuchen, ihn wiederzubeleben“, betonte der Professor.

Prinz Friso lag etwa 20 Minuten lang unter einer 40 Zentimeter dicken Schneeschicht. Wenn ein Mensch von einer Lawine verschüttet wird, übt der Schnee Druck auf seinen Brustkorb aus oder es kommt zu einer Verengung der Atemwege. Das führt zu Atemnot und Sauerstoffmangel. „Aber da gibt es tausende Varianten bei Lawinenopfern. Manche haben Schneelöcher zum Atmen, die haben dann natürlich wesentlich bessere Chancen“, sagte Lange.

Schon in der Phase der Atemnot sinke der Sauerstoffgehalt im Blut akut ab und das Gehirn könne Schaden nehmen. Das Herz schlage dann noch weiter, bleibe nach drei bis fünf Minuten aber stehen. „Dann kommt zum Sauerstoffmangel auch noch der Kreislaufstillstand“, sagte Professor Lange.

Die Unterkühlung des Körpers im Schnee sei für Lawinenopfer sogar vorteilhaft. Die kalten Temperaturen verlängern die Zeit, in der Organe ohne Durchblutung und ohne Sauerstoff überleben können. Dieses Phänomen macht sich die Medizin auch im Krankenhausalltag zunutze. „Wir nutzen die Kühlung jeden Tag, zum Beispiel bei Operationen“, erklärte Lange.

„Es gibt die Möglichkeit, den Patient noch weiter in einem gekühlten Zustand zu halten, um den Stoffwechsel noch nicht sofort wieder anzukurbeln und dem Gehirn noch Erholung zu gewähren“, sagte der Herzspezialist. So sei es auch im Fall des niederländischen Prinzen gemacht worden.

Wenn das Gehirn des Patienten geschädigt worden ist, könne die Medizin oft hinterher viel leisten, wenn Funktionen wie Laufen und Sprechen neu erlernt werden müssen. „Aber dafür muss der Patient ein gewisses Reha-Potenzial haben“, erklärt Lange. „Viele Patienten erleben die Rehabilitation ja auch gar nicht.“