“The Artist“ - ein Film in schwarz-weiß und fast ohne Worte? Nein, für so etwas wollten Kinogänger im britischen Liverpool kürzlich kein Geld zahlen und forderten Medienberichten zufolge ihre Eintrittsgelder zurück. Und doch feiert der französische „The Artist“ weltweit Erfolge – gerade weil er so anders ist als alles, was derzeit im Kino zu sehen ist. Ausgezeichnet mt fünf Oscars.

Der französische Stummfilm „The Artist" ist der große Gewinner der diesjährigen Oscarverleihung. Ein Film in schwarz-weiß und fast ohne Worte? Nein, für so etwas wollten Kinogänger im britischen Liverpool kürzlich kein Geld zahlen und forderten Medienberichten zufolge ihre Eintrittsgelder zurück. Und doch feiert der französische „The Artist" weltweit Erfolge – gerade weil er so anders ist als alles, was derzeit im Kino zu sehen ist. Das Schwarz-Weiß-Werk des französischen Regisseurs Michel Hazanavicius wurde in der Nacht zum Montag in Hollywood mit fünf „Goldjungen“ ausgezeichnet, darunter als bester Film des Jahres. Es ist 83 Jahre her, dass ein Stummfilm mit dem Haupt-Oscar prämiert wurde.

Auch der Hauptdarsteller des Films, Jean Dujardin, konnte sich über einen Oscar freuen. Der 39-Jährige gewann als erster Franzose überhaupt den begehrten Preis als bester Schauspieler. Er verkörpert in „The Artist“ einen Stummfilmstar, der an der Einführung des Tonfilms scheitert. In dem Film spricht er fast kein Wort, bedankte sich auf der Bühne des Hollywood & Highland Center dann mit fester Stimme: „Wow, das ist genial, merci, formidable!“ Regisseur Hazanavicius verbeugte sich in seiner Rede ausdrücklich vor dem Mythos des alten Hollywood und sagte gleich dreimal hintereinander: „Ich möchte mich bei Billy Wilder bedanken!“

Der Kanadier Christopher Plummer sorgte ebenfalls für einen Rekord: Mit 82 Jahren nahm er die Trophäe als bester Nebendarsteller entgegen – und ist damit der bisher älteste Gewinner in dieser Kategorie. In dem Drama „Beginners“ spielt Plummer einen älteren Mann, der sich erst nach dem Tod seiner Ehefrau zu seiner Homosexualität bekennt.

Als beste Hauptdarstellerin wurde Meryl Streep ausgezeichnet. Die 62-jährige US-Amerikanerin überzeugte mit ihrer Darstellung in „Die Eiserne Lady“ als die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher. In ihrer langen Karriere konnte Streep bereits zwei Oscars mit nach Hause nehmen. Die 17. Nominierung brachte ihr den dritten. Streep bedankte sich mit Stil und Selbstironie: „Als ich eben meinen Namen hörte, hatte ich das Gefühl, dass halb Amerika aufstöhnt: „Nein, schon wieder die...““

Octavia Spencer gewann dagegen gleich mit ihrer ersten Nominierung einen Oscar: Die 39-jährige Afro-Amerikanerin wurde für ihre Leistung in dem Rassendrama „The Help“ als beste Nebendarstellerin geehrt.

Pech hatte Wim Wenders. Der Deutsche war für seine 3D-Dokumentation „Pina“ nominiert. Doch wie schon vor zwölf Jahren mit „Buena Vista Social Club“ reichte es auch dieses Mal nicht für den wichtigsten Filmpreis der Welt. Wenders musste sich in der Kategorie „Beste Dokumentation“ dem Football-Film „Undefeated“ geschlagen geben.

Auch der Hamburger Kurzfilmer Max Zähle ging mit seinem 25 Minuten langen Adoptionsdrama „Raju“ leer aus. Ebenso wie die Kostümbildnerin Lisy Christl. Die gebürtige Münchnerin hatte für ihre Arbeit an dem Film „Anonymus“ von Roland Emmerich Chancen, verlor dann aber gegen die Macher von „The Artist“.

Martin Scorseses opulentes 3D-Werk „Hugo Cabret“ war mit elf Nominierungen als Favorit ins Rennen gegangen. Am Ende gewann es fünf Auszeichnungen – genauso viele wie „The Artist“, die allerdings nur in Nebenkategorien. Dabei gab es dann aber doch noch einen deutschen Erfolg: Den Oscar für die Spezialeffekte in „Hugo Cabret“ nahmen zwar US-Amerikaner des Firmennetzwerks Pixomondo entgegen, doch für die Effekte des Films waren maßgeblich Mitarbeiter des Unternehmens in Frankfurt am Main verantwortlich.

In der Kategorie „Beste nicht-englischsprachige Produktion“ gewann „Nader und Simin – Eine Trennung“. Das iranische Drama von Regisseur Asghar Farhadi hatte im vergangenen Jahr bereits den Goldenen Bären der Filmfestspiele in Berlin gewonnen.

Während für nahezu alle Oscar-Nominierten der Gang über den roten Teppich und die mehrstündige TV-Gala zu den aufregendsten Erlebnissen gehören, hat ein Regisseur die „Nacht der Nächte“ wieder einmal geschwänzt. Woody Allen (76) blieb der Veranstaltung traditionsgemäß fern. Den vierten Oscar seiner langen Karriere – für das Drehbuch zu „Midnight in Paris“ – wird ihm die Academy nun auf anderen Wegen zukommen lassen.

"The Artist"

Ein Film in schwarz-weiß und fast ohne Worte? Nein, für so etwas wollten Kinogänger im britischen Liverpool kürzlich kein Geld zahlen und forderten Medienberichten zufolge ihre Eintrittsgelder zurück. Und doch feiert der französische „The Artist“ weltweit Erfolge – gerade weil er so anders ist als alles, was derzeit im Kino zu sehen ist.

Es geht um George Valentin (Jean Dujardin), ein erfolgreicher Stummfilmstar. Ihm und seinem niedlichen Hund Uggie fliegen die Herzen der Frauen nur so zu. Doch dann beginnt die Ära des Tonfilms und damit das Ende von George Valentins Karriere. Denn so charmant der Schauspieler in Stummfilmen wirkt, so groß ist sein Manko, wenn es um die neue Filmform geht: Seine Stimme ist ein klägliches Nichts, nicht geeignet für einen Tonfilm. Dujardin spielt diesen Star, der sich plötzlich auf dem Abstellgleis findet, mit bemerkenswerter Intensität und jeder Menge Enthusiasmus.

Bezeichnend ist dabei, dass „The Artist“ – der seit Ende Januar auch in deutschen Kinos läuft – zuerst niemand unterstützen wollte. Einen schwarz-weißen-Stummfilm zu finanzieren, war vielen zu heikel, wie Regisseur Michel Hazanavicius erzählte. Doch dann begann das Werk doch seinen Siegeszug: Beim Filmfestival in Cannes feierte es im vergangenen Jahr Premiere und heimste gleich die Auszeichnung für Jean Dujardin als bester Darsteller ein. Es folgten unzählige weitere Preise, darunter drei Golden Globes, sechs französische Filmpreise und nun die fünf Oscars.

Die Mode auf dem roten Teppich

Der rote Teppich zu den Oscars gleicht immer auch einem Laufsteg. Die schönsten und die schrecklichsten Roben aus der Galanacht als Liste mit Tops und Flops. Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet die reizende Bérénice Bejo aus „The Artist“ prägte den scheußlichsten Trend der 84. Oscar-Verleihung: Zuckerbäcker-Couture. Die Französin wirkte in ihrem pastellgrün glitzernden Abendkleid von Elie Saab wie ein französischer Traditionskeks Macaron des Patissiers La Durée. Auch andere kamen in der Nacht zum Montag in zu üppig dekorierten Kleidern zum Schaulaufen in Hollywood.

Gut, dass ein anderer Trend gleichsam das Sahnehäubchen zu den Tortenkleidern bildete: Viele Stars kamen in raffinierten Entwürfen in Creme oder Weiß. Gwyneth Paltrow in einem Entwurf von Tom Ford, Milla Jovovich glamourös in Elie Saab oder Fürstin Charlène von Monaco in einem Kleid von Akris. Sie zählten zu den Elegantesten, während Bejo von anderen Stilsünderinnen sogar noch unterboten wurde. So sieht die Liste der modischen Tops und Flops der Oscars aus:

– Top: Die Nominierte Rooney Mara in einem zarten weißen Trägerkleid von Givenchy Couture mit Spitze und einer tütenförmigen Raffung über dem Busen. Die Darstellerin der wild gepiercten Lisbeth Salander ist zum Liebling der Modeszene avanciert.

– Flop: Shailene Woodley, ebenfalls in Creme, vom ähnlich wie Givenchy angesagten Label Valentino. Leider erinnerte die hochgeschlossene Robe an ein Häkeldeckchen.

– Top: Penelope Cruz, die im schulterfreien mattgrauen Traum aus Tüll von Armani Couture einfach bezaubernd wirkte.

– Flop: Schauspielerin Busy Philipps in einem schmutziggrauen Alptraum aus Spitze. Das Kleid hätte man am liebsten in die Waschmaschine gestopft.

– Top: Oscar-Nominierte Jessica Chastain in einem goldbestickten, fein geschwungenen schwarzen Kleid aus dem Haus Alexander McQueen.

– Flop: Oscar-Gewinnerin Meryl Streep, die ein an Staniolpapier erinnerndes goldfarbenen „Großtantenkleid“ von Lanvin trug. Streeps Strahlen machte die Kleiderwahl allerdings wett.

– Top: Die nominierte Marilyn-Darstellerin Michelle Williams in einem schulterfreien, auf Figur geschnittenen Kleid von Louis Vuitton in Rot mit feinen Volants. Toll zu ihrer jungenhaften Pixie-Frisur.

– Flop: Oscar-Nominierte Viola Davis in einem knallengen, schulterfreien, leuchtend grünen Kleid mit glitzernden Kristallen am Oberteil. Falsche Farbe, falscher Schnitt, falsches Dekor.

Pech hatte Angelina Jolie. Eigentlich sah ihr messerscharfes schwarzes Kleid von Atelier Versace mit extravaganter Dekolleté-Betonung top aus: Leider verdarb der hohe Beinschlitz den Gesamteindruck. Nackte Haut wirkt nur in der richtigen Dosierung gut.

Hamburger Nachwuchsfilmer ohne Oscar

Die bei der Oscar-Verleihung leer ausgegangenen Hamburger Nachwuchsfilmer sehen sich als glückliche Verlierer. „Allein die Nominierung hat uns so viel Glück gebracht, dass wir nur dankbar sein können“, sagte Regisseur Max Zähle laut einer Mitteilung der Hamburg Media School (HMS) wenige Stunden nach der Verleihung der begehrten Filmtrophäen in Hollywood. Zähle war mit seinem Kurzfilm „Raju“ im Rennen.

„Mit „The Shore“ hat ein Film gewonnen, der es verdient hat“, meinte „Raju“-Produzent Stefan Gieren über den Gewinner aus Irland. „Wir haben sehr hart für unseren Film „Raju“ gearbeitet und konnten heute Abend einfach nicht verlieren. Nach fast zwei Jahren voller Preise und Festivals rund um den Globus waren die Oscars die absolute Krönung.“ Zähle, Gieren und Kameramann Sin Huh hatten mit dem Kurzfilm ihren HMS-Abschlussarbeit abgeliefert. (dpa/dapd/rtr)