Gerüchte über Liebschaften und dicke Autos, Antisemitismus-Vorwürfe - der Kampf in Duisburg um Adolf Sauerland wurde in den vergangenen Wochen auf beiden Seiten mit harten Bandagen geführt. Jetzt sucht die Stadt Frieden – und einen Kompromisskandidaten fürs Rathaus.

Duisburg. Nach dem Abwahldrama gingen der „Noch-OB“ Adolf Sauerland und seine Gegner zügig in die Kneipe. Natürlich in verschiedene. Elf Kilometer Luftlinie entfernt dauerte die Nachbetrachtung bei beiden bis deutlich nach Mitternacht. Und hier wie da stand eine Frage im Mittelpunkt: Wie geht es weiter in einer Stadt mit großen Problemen und Riesenschulden, wenn das politische Klima über Monate vergiftet wurde?

Im Kampf um den Duisburger Rathausstuhl hatten sich die Lager in den vergangenen Wochen nichts geschenkt und gelegentlich die Grenzen des politischen Anstands überschritten. Gegen Sauerland wurden hinter vorgehaltener Hand frei erfundene Gerüchte über vermeintliche Liebschaften, ein angebliches Haus in Mülheim oder einen riesigen US-Geländewagen gestreut – von Mitgliedern des Abwahlbündnisses, glaubt die CDU. Und definitiv gegenstandslos.

Die Duisburger CDU attackierte dagegen den Abwahlbefürworter und Linken-Fraktionschef Hermann Dierkes als „untragbare öffentliche Person“, nachdem dieser wegen seiner Palästinenser-Sympathie vom Simon-Wiesenthal-Center auf eine weltweite Antisemitenliste gesetzt worden war. Ein völlig unakzeptabler Versuch, eine ganze Bürgerbewegung ins Zwielicht zu stellen, fand die SPD. Auch bei ihrem Sauerland-Kreisparteitag kurz vor Weihnachten nahm die CDU kein Blatt vor den Mund: Eine „Hexenjagd“ auf den OB, beklagte Kreischef Thomas Mahlberg. Sauerland beschwerte sich bei anderer Gelegenheit über den „Scheiß-Journalismus“.

„Ja, das Klima ist vergiftet“, bestätigt der Duisburger CDU-Fraktionssprecher Christian Kleerbaum. „Die Abwahl hat uns alle sehr überrascht.“ Das brauche jetzt einmal Zeit zum Sacken. Die über

100 Parteifreunde, die Sauerland am Sonntagabend im Walsumer Brauhaus Beistand leisteten, seien schon „sehr geknickt“ gewesen. Immerhin bot Mahlberg am Montagmorgen im WDR die Mitwirkung der Partei bei der Suche des Nachfolgekandidaten an. „Gräben zuschütten“, sei das Motto. „Fundamentalopposition machen wir nicht“, sagt Kleerbaum.

Das stimmungsmäßige Gegenprogramm gab es Sonntagabend im Café Museum, wo das Abwahlbündnis feierte. „Manche haben getrunken, was reinging“, sagt ein Teilnehmer. Und andere stellten politische Weichen: Der NRW-Innenminister und Duisburger SPD-Politiker Ralf Jäger sicherte dem Abwahlbündnis laut Teilnehmern bei der Kandidatenkür Gespräche mit allen Mitgliedern zu – das heißt mit der Bürgerinitiative, den Gewerkschaften, den Linken und Grünen. „Vielleicht haben sie ja was gelernt und stellen keinen Parteisoldaten auf“, sagt ein Mitglied der Bürgerinitiative.

Die Loveparade solle im Wahlkampf kein Thema mehr sein. „Wir wenden uns den Sachfragen zu“, hieß es. Dass die SPD als mit Abstand stärkste politische Kraft der Stadt, die den Abwahlkampf finanziell maßgeblich unterstützt hat, einen Kandidaten vorschlagen darf, spricht ihr kaum jemand ab. Nur: Es muss ein parteiübergreifend akzeptierter sein und gern jemand von außerhalb, sagte der Wortführer der Abwahlbewegung Theo Steegmann.

Und da beginnt das Problem. Verwaltungserfahrung, Nervenstärke, politische Kompetenz, über Parteien hinweg geachtet: „Das muss einer sein, der über Wasser gehen und durch Hand-Auflegen heilen kann“, soll Jäger gestöhnt haben. Ein solcher Wundermann oder eine solche Frau – genannt wird die Duisburger SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas – muss schnell her. Möglicher Wahltermin ist der 17. Juni. Bei sechs Wochen Wahlkampf müsste die Kandidatenwahl bis Mitte April erfolgen. Wen die CDU nach ihrer Blamage aufstellt – davon war am Montag noch nichts zu hören. # dpa-Notizblock ## Orte