Der berühmte Professor soll in 274 Fällen Beihilfe zur Körperverletzung geleistet haben. Ein Kollege Mangs brachte den Stein ins Rollen.

Lindau. In seinem Werk "Mein Schönheitsbuch" warnt der bekannte deutsche Schönheitschirurg Werner Mang, 62, vor schwarzen Schafen in seinem Beruf. Nun ist der Mediziner selbst ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Gegen den Chef der Bodensee-Klinik Mang Medical One wird wegen des Verdachts der Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung in 274 Fällen ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Kempten bestätigte gestern einen entsprechenden Bericht von "Spiegel Online". "Wir stehen noch ganz am Anfang der Ermittlungen", sagte eine Sprecherin der Anklagebehörde. Das Verfahren ist im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen einen in Mangs Lindauer Klinik tätigen Arzt ins Rollen gekommen.

Für den Professor soll eine Kollege ohne Approbation gearbeitet haben

Joachim H., 65, soll seit 2009 am Bodensee ohne die nötige Approbation zahlreiche Operationen durchgeführt haben. Der Arzt ist flüchtig, er wird nach Angaben der Sprecherin mit internationalem Haftbefehl gesucht. Die Ermittlungen gegen den Klinik-Operateur hatten im vergangenen Herbst begonnen. Vor wenigen Wochen wurden bei einer Razzia auch in Mangs Klinik Unterlagen sichergestellt, wie die Sprecherin weiter berichtete. Bei der ersten Sichtung des Materials habe sich ein Anfangsverdacht wegen Beihilfe gegen den Professor ergeben. Die detaillierte Auswertung der Unterlagen werde allerdings "noch geraume Zeit in Anspruch nehmen".

Um die Arbeit des flüchtigen Joachim H. gibt es einige Verwirrung. Der Bodenseeklinik zufolge habe der Arzt bei der Bewerbung eine Schweizer Zulassung vorgelegt und mitgeteilt, dass er für Deutschland über eine "beschränkte Erlaubnis zur Operation unter Aufsicht" verfüge. Daraufhin habe der Mann auf Probe "als Hospitant unter Aufsicht 15 Eingriffe" erfolgreich durchgeführt, bevor er seine Operationszulassung als angestellter Arzt zurückerhalten habe. Weder der Verwaltung der Bodenseeklinik noch Mang sei hier der geringste Vorwurf zu machen, heißt es in der Stellungnahme der Klinik. Der von Mang beauftragte Anwalt geht davon aus, "dass die Ermittlungen in Kürze eingestellt werden". Bei dem Operateur, der im Zentrum der Ermittlungen steht, handle es sich um einen erfahrenen Facharzt für Plastische Chirurgie. In einem früheren Interview hatte Mang aber gesagt, sein Kollege habe die Approbation wegen Steuerproblemen abgeben müssen. Er habe zeitweise den Status eines "Arztes im Praktikum" gehabt. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich noch nicht zu den genauen Hintergründen des Falls.

Der Schönheitspapst, wie die Medien Mang nennen, ist in der Vergangenheit auch durch sein schillerndes Leben aufgefallen. Er operierte nicht nur Prominente, sondern trat auch in TV-Shows wie die RTL-2-Reihe "Extrem schön" auf. Privat fährt er Lamborghini, hat ein Boot und die "Villa Rhino" (griech. "Villa Nase") am Bodensee. "Leider wird in unserer Gesellschaft zunehmend erfolgreichen Menschen mit Neid und Missgunst begegnet, sogar in der Ärzteschaft hat sich diese Haltung breitgemacht", schrieb Werner Mang mit einiger Verbitterung in seinem Weihnachtsgruß, der noch auf der Homepage der Bodenseeklinik nachzulesen ist.

Die Ermittlungen werfen einen Schatten auf eine bisher glanzvolle Karriere eines Chirurgen, der seit mehr als 30 Jahren im Schönheitsgeschäft tätig ist. Als jüngster Oberarzt Deutschlands trat er 1980 seine Stelle am Münchner Klinikum Rechts der Isar an. Mit nur 33 Jahren erwarb er die Habilitation. Seit 2003 schließlich betreibt der Professor direkt am Bodensee die nach eigenen Angaben größte Klinik für reine Schönheitschirurgie in ganz Europa.

Mang hat nach eigenen Angaben während seiner Laufbahn an die 30 000 Operationen selbst durchgeführt. Der Medienliebling engagiert sich auch sozial. Mit seiner Stiftung unterstützt er in Not geratene Kinder. Erst im Januar machte Mang Schlagzeilen, als er auf eigene Kosten nach Nepal reiste und dort einem elfjährigen Jungen einen Gesichtstumor entfernte.

Kritiker werfen ihm aber schon seit Jahren vor, dass er Hals-Nasen-Ohrenarzt ist und kein Schönheitschirurg. Dazu sagte Mang der "Bild": "Ich bin ausgebildeter Facharzt für HNO und plastische Operationen. Plastische Chirurgie stellt in erster Linie Patienten wieder her. Das ist keine Schönheitschirurgie, wie ich sie täglich durchführe. Den Facharzttitel Plastischer Chirurg gibt es erst seit 1992. Da war ich schön längst Chefarzt der Bodenseeklinik."