Die schwer belastete Äbtissin Theresa Brenninkmeijer ist aus dem Ausland zurückgekehrt und soll verhört werden. Der Familienclan schweigt.

Sostrup. Der Verdacht, dass die Vorsteherin des Klosters Maria-Hjerte im dänischen Sostrup ein Schreckensregiment geführt hat, erhärtet sich: Die Zeitung "Kristlig Dagbladet" hat jetzt Briefe mehrerer Nonnen an den dänischen Bischof Czeslaw Kozon veröffentlicht. Darin ist von Schlägen, unterlassener Hilfeleistung und Entmündigung von Schwestern die Rede: "Auf geistigem und persönlichem Niveau werden die Schwestern in absoluter Isolation gehalten. Man darf nur mit den Personen sprechen, bei denen Mutter Theresa es auch erlaubt hat." Demente Nonnen sollen an Stühle gefesselt worden sein. Eine starb.

Den Stein hatte Helene Hägglund, eine frühere Nonne des Zisterzienserordens, mit ihrer Biografie "Nonne, einmal hin und zurück" ins Rollen gebracht. Die Autorin äußert darin auch den Verdacht, dass Theresa Brenninkmeijer nur aufgrund des massiven Einflusses ihrer Familie im Jahre 1998 Äbtissin werden konnte. Darüber hinaus sei auch der Bischof selbst unter Druck gesetzt worden, die offensichtlichen Missstände im Kloster nicht zur Anzeige zu bringen, was er nach dänischem Recht hätte tun müssen.

Der Fall rückt den mächtigsten und reichsten Familienclan Europas (C&A) wieder einmal ins ungeliebte Rampenlicht. Noch nie wurde ein Familienmitglied auf einer Jetset-Party fotografiert. Natürlich kann sich so mancher Brenninkmeijer eine Luxusvilla leisten. Aber immer mit einer Mauer nebst dichter Hecke ums Grundstück: "Nicht protzen, niemals auffallen!" Am liebsten würde der Clan, der über die Cofra Holding AG im schweizerischen Zug ein geschätztes Vermögen von 25 Milliarden Euro verwaltet, unsichtbar sein.

Zweifellos hat es Vorteile, als Brenninkmeijer geboren zu werden. Wären da nur nicht die strengen Regeln, die bis heute auf den Wertvorstellungen der münsterländischen Vorfahren beruhen: Alle Brenninkmeijers bekennen sich zum katholischen Glauben, alle besitzen immer einen niederländischen Pass und alle haben sich vor ein paar Jahren auf die niederländische Schreibweise ihres Namens geeinigt - mit "ij".

"Eintracht macht stark": Seit knapp 170 Jahren halten die rund 500 Familienmitglieder in zwölf Stämmen eisern zusammen. Töchter hatten bis in die 90er-Jahre im Unternehmen nichts zu suchen. Söhne dürfen erst Teilhaber werden, wenn sie sich nach einer harten Ausbildung - intern "Ochsentour" genannt - als fähig erweisen. Dieses rigide System sorgt andererseits dafür, dass der Kreis der Teilhaber (50 bis 60 Mitglieder) überschaubar bleibt und das Vermögen nicht zersplittern kann. Inzwischen dürfen zwar auch Töchter auf "Ochsentour" gehen, aber bis zur Gesellschafterin hat es noch keine gebracht. Dagegen haben evangelische Mitarbeiter, betonen die Brenninkmeijers neuerdings gern, jetzt die gleichen Aufstiegschancen wie Katholiken.

Nur ein Dutzend Familienmitglieder hat es bisher gewagt, einen anderen Berufsweg einzuschlagen. So wie der Schauspieler Philippe Brenninkmeijer, 42, oder wie George Brenninkmeijer, 55, der in Berlin als "Business-Angel" arbeitet - oder wie Theresa Brenninkmeijer, die ihr Glück als Nonne zu finden glaubte. Die Äbtissin ist inzwischen aus Peru, wo sie ebenfalls einem Kloster vorsteht, nach Dänemark zurückgekehrt. Sie soll kommenden Montag von den Ermittlern verhört werden. In Kopenhagen kursiert das Gerücht, dass der Clan bereits die bekanntesten dänischen Anwälte engagiert haben soll.