Der Amokläufer soll ein 52 Jahre alter Taxifahrer sein, dessen Leiche die Polizei in einem Wald fand. Die offizielle Bestätigung fehlt noch.

London. Menschen verbarrikadierten sich in ihren Häusern, die Tore eines Atomkraftwerks wurden zur Sicherheit geschlossen: Ein Amokläufer hat in einer nordenglischen Urlaubsgegend Lake District am Mittwoch Angst und Schrecken verbreitet. Der Mann tötete nach Polizeiangaben innerhalb von dreieinhalb Stunden mindestens fünf Menschen, verletzte 25 weitere und brachte sich anschließend wohl selbst um. Wie viele Opfer es genau gab und was der Hintergrund der Tat sein könnte, war bis zum Abend unklar.

Der Amokläufer eröffnete am späten Vormittag das Feuer auf einer Straße in der Hafenstadt Whitehaven. Anschließend fuhr er im Auto weiter in die Nachbarorte Seascale and Egremont. Er soll seine Opfer mitten ins Gesicht geschossen haben. Die Polizei startete eine großangelegte Suchaktion und rief die Menschen auf, in ihren Häusern zu bleiben. Das nahe gelegene Atomkraftwerk Sellafield wurde unter besonderen Schutz gestellt, niemand durfte hinein oder hinaus.

Am Nachmittag berichtete die Polizei, sie habe eine Leiche gefunden. Es sei der Hauptverdächtige. Neben ihm lag eine Waffe. Sein Fluchtwagen prallte zuvor gegen einen Baum. Passanten wollten ihm helfen, schreckten beim Anblick der Waffe aber zurück. Der verletzte Amokläufer sei zu Fuß weitergeflüchtet - ohne auf sie zu schießen.

Der 52 Jahre alte Mann hatte bislang ein vollkommen unscheinbares Leben geführt. Er soll geschieden gewesen sein, zwei erwachsene Söhne gehabt und alleine gelebt haben. Seit 23 Jahren war er Taxifahrer in der beschaulichen Urlaubsregion.

Eine seiner Kolleginnen sagte, das erste Opfer des Amokläufers sei ein anderer Taxifahrer und alter Freund von ihm gewesen. Insgesamt sollen drei der Erschossenen Taxifahrer gewesen sein, berichteten Augenzeugen. „Ich kann nicht fassen, dass er das getan haben soll“, sagte eine weitere Kollegin. „Er war sehr beliebt. Jeder kannte ihn.“ Angeblich soll es am Abend vorher einen Streit zwischen dem Mann und den drei Taxifahrern gegeben haben.

Große Sorge hatte die Polizei während der Suchaktion um Touristen, die auf den Wanderwegen unterwegs waren. Die Gegend in der Grafschaft Cumbria ist dünn besiedelt, aber wegen ihrer Berge und Seen bekannt. Sie ist eines der beliebtesten Urlaubsziele auf der Insel, jedes Jahr kommen 14 Millionen Besucher. Der Besitzer einer Gaststätte sagte dem Sender BBC, er habe sich zusammen mit mehreren Wanderern in seinem Haus verbarrikadiert. Die Leute hätten „unter Schock“ gestanden.

Amokläufe sind in Großbritannien seltener als in anderen europäischen Ländern. Das Waffenrecht im Königreich gehört zu den schärfsten der Welt. Bevor jemand eine Waffe besitzen darf, muss er unter anderem eine Art Bewerbung bei den Behörden einreichen und wird in einem Gespräch geprüft. Auch Stellungsnahmen eines Arztes sind nötig. Ob der Verdächtige einen Waffenschein hatte, war zunächst unklar. Premierminister David Cameron sprach den Familien der Opfer sein Beileid aus. „Die Regierung wird alles tun, was in ihren Möglichkeiten steht, um den Menschen vor Ort zu helfen.“