Durchsuchungen und eine Festnahme auch in Hamburg. Täter waren vor allem als gut organisierte Ladendiebe unterwegs.

München. Ladendiebstahl, Drogenschmuggel, Geldwäsche, Erpressung, Bestechung, illegaler Waffenbesitz und Verabredung zum Mord: Die Liste der Verbrechen ist lang, die den Mitgliedern der georgischen Mafia vorgeworfen werden. In einer europaweiten Razzia hat die Polizei 75 Verdächtige verhaftet, 17 von ihnen allein in Deutschland. Auch in Hamburg wurden zwei Wohnungen durchsucht und ein Mann festgenommen. Nähere Einzelheiten nannte die Polizei der Hansestadt aber nicht. Als Kopf der Bande, auch als Russenmafia bekannt, wurde in Barcelona ein 38 Jahre alter Georgier verhaftet, als deutschen Statthalter nahm die Polizei in München einen 27 Jahre alten georgischen Asylbewerber fest. Insgesamt wurden in Spanien 24 Verdächtige verhaftet und gefälschte Pässe sowie eine Pistole beschlagnahmt, wie der spanische Polizeiattaché Jesus Marquez-Navarro sagte. Auch der deutsche Statthalter der Bande habe falsche Personalien dazu verwendet, Asyl zu erhalten.

Insgesamt seien in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Brandenburg und Berlin am Montag 41 Objekte durchsucht worden, sagte LKA-Dezernatsleiter Mario Huber in München. Zeitgleich schlugen die Ermittler in Spanien, Österreich und in der Schweiz zu. Jedes Land hatte zwar für sich ermittelt. Die Kripo in Madrid hatte die "Operation Java" aber angeführt. Sie sei vor mehr als einem Jahr vom Nationalen Gerichtshof in Madrid eingeleitet worden, hieß es.

In Spanien durchsuchte die Polizei vor allem in Barcelona und Valencia mehrere Objekte und schnappte Verdächtige. Festnahmen gab es aber auch in Madrid und Bilbao. Die spanische Regierung hob die gute internationale Zusammenarbeit bei der Polizeiaktion hervor. "Im Kampf gegen die organisierte Kriminalität greifen wir mit harter Hand durch", sagte Vizeregierungschefin María Teresa Fernández de la Vega.

In Deutschland habe die straff organisierte Bande vor allem ein Heer von Ladendieben beschäftigt, die auch auf Bestellung für Hehler auf Beutezug gegangen seien, erklärte das Bayerische Landeskriminalamt in München, das die deutsche Federführung in diesem Fall hatte. Allein bei einem Einzelhändler in Bochum seien mehrere Tonnen gestohlene Zigaretten, Spirituosen und Kosmetika sichergestellt worden. "Sie haben alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war", sagte Huber - von Kosmetika über Designerkleidung bis zu Laptops oder Kameras. In Deutschland stellten die Ermittler am Montag 20 Tonnen gestohlene Waren, 120 000 Euro und Kassenbücher sicher. Jeden Monat hätten die Bandenmitglieder mehrere Tausend Euro als "Mitgliedsbeiträge" an den Statthalter der Mafia in München abliefern müssen, der das Geld dann an die Zentrale in Barcelona weitergeleitet habe. Den Verhafteten drohen langjährige Haftstrafen, unter anderem wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung.

Was auf den ersten Blick wie Kleinkriminalität aussehe, sei in Wirklichkeit eine "gut strukturierte Verbrecherorganisation", meinte Marquez-Navarro. Huber sagte, die georgische Organisation habe eine Parallelgesellschaft aufgebaut, in der "ausschließlich nach eigenen Gesetzen gelebt" worden sei. Solche Mafiaorganisationen seien "eine ernsthafte Gefahr für unseren Staat und unsere Gesellschaft". Die sogenannten Mitgliedsbeiträge der Diebesbanden seien in eine Gemeinschaftskasse, den "Abschtschjak", geflossen. Im Gegenzug hätten die Mitglieder Unterstützung auch bei Streit mit anderen Kriminellen oder bei einer Verhaftung bekommen. Alle in Deutschland Verhafteten hätten bislang zu den Vorwürfen geschwiegen.

Die "Operation Java" war in Spanien bereits der dritte große Schlag gegen die russische Mafia seit dem Jahr 2000. Insgesamt sind seither rund 100 Verdächtige festgenommen worden. Mehrere Bosse hatten sich an der Küste niedergelassen.