Mindestens 51 Menschen starben beim Erdstoß am frühen Morgen, der die Stärke 6,0 erreichte. Die EU sicherte Hilfe zu, falls sie benötigt werde.

Istanbul/Brüssel. Die Europäische Union hat der Türkei Hilfe nach dem schweren Erdbeben im Osten Anatoliens zugesichert, sofern sie gebraucht werde.

In einer Erklärung von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso vom Montag in Brüssel heißt es, er habe die für Katastrophenhilfe zuständige Kommissarin Kristalina Georgiewa gebeten, dass Hilfe seitens der EU geleistet werden könne, falls sie benötigt werde. „Ich bin zutiefst besorgt über die Nachrichten aus der Türkei“, sagte Barroso.

Nach dem Beben, das nach Schätzungen von Wissenschaftlern die Stärke 6,0 erreichte, ist die Zahl der Getöteten mittlerweile auf 51 gestiegen. Das berichtete der Nachrichtensender CNN Türk unter Berufung auf das Amt des Gouverneurs in der Provinz Elazig. Die Erdstöße brachten am frühen Morgen in mehreren Dörfern der Provinz Elazig Wohnhäuser zum Einsturz. Mindestens 100 Menschen seien verletzt worden, berichteten türkische Fernsehsender. Rettungsmannschaften und Helfer suchten am Vormittag in den Trümmern nach Opfern des Bebens. Unter den Toten waren auch mehrere Kinder.

Viele Menschen waren bei den ersten Erdstößen gegen 04.42 Uhr (03.32 MEZ) in Panik aus ihren Häusern gerannt. Aus Angst vor weiteren Beben verbrachten sie den Rest der Nacht im Freien. Der türkische Rote Halbmond richtete ein Krisenzentrum ein. Die Bewohner zerstörter Häuser sollen zunächst in Containern untergebracht werden.

In mehreren Dörfern um die Ortschaft Karakocan wurden vor allem ältere, aus Lehm und Steinen gebaute Wohnhäusern zerstört. Minarette stürzten ein. Fernsehbilder zeigten Trümmerhaufen und umgestürzte Wände, die unter den Dächern zusammengefallen waren. „An den aus Zement gebauten Häusern gibt es nur geringe Schäden“, sagte der Provinzgouverneur Muammer Erol. Auch der Wissenschafter Mustafa Erdik von der Istanbuler Erdbebenwarte Kandilli sagte: „Dieses Erdbeben war wirklich schwer.“

Das Epizentrum des Bebens lag bei der Stadt Karakocan. In dem Gebiet, in dem die nordanatolische und die ostanatolische Störungszone verläuft, wurden noch 27 Nachbeben registriert. Die Türkei liegt in einer erdbebengefährdeten Zone und wird regelmäßig von Erdstößen erschüttert, weil dort die Kontinentalplatten Afrikas und Eurasiens kollidieren. Bei den schwersten Beben der vergangenen Jahre kamen 1999 im Nordwesten der Türkei mindestens 18 000 Menschen ums Leben.

Wie kaum ein anderes Land wird die Türkei regelmäßig von verheerenden Erdbeben heimgesucht. Tief unter der Oberfläche kollidieren dort die Koninentalplatten Afrikas und Eurasiens. An den Plattenrändern können dabei – wie jetzt in der ost-anatolischen Provinz Elazig – große Energiemengen freigesetzt werden, die die Erde erschüttern und schwere Verwüstungen anrichten. Die schlimmsten Beben der letzten Jahrzehnte:

1. Mai 2003: Erdstöße der Stärke 6,4 bringen in der Provinz Bingöl (Südosten) mindestens 176 Menschen den Tod, darunter mehr als 80 Kindern in einem Schülerheim.

12. November 1999: In der nordwestlichen Region Düzce fordert ein Beben der Stärke 6,3 nahezu 900 Todesopfer. 1500 Häuser werden zerstört.

17. August 1999: Ein Jahrhundertbeben in der Region um die nordwestliche Industriestadt Izmit tötet mehr als 17 100 Menschen. 88000 Häuser sind unbewohnbar. Die Sachschäden belaufen sich auf umgerechnet nahezu 6 Milliarden Euro.

27. Juni 1998: Im Gebiet um Adana (Südtürkei) stürzen bei Erdstößen der Stärke 6,2 ganze Mietskasernen ein: 146 Tote.

13. März 1992: Mindestens 498 Tote und 200 völlig zerstörte Häuser sind die Bilanz eines Bebens der Stärke 6,8 in der Ost-Provinz Erzincan.

30. Oktober 1983: Im Raum Erzurum (Ost-Anatolien) werden 77 Ortschaften durch Erdstöße der Stärke 6,9 verwüstet. Die Retter können 1342 Bewohner nur noch tot bergen.