Der 60-Jährige wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Totschlags verurteilt. Das Gericht sprach ein Berufsverbot aus.

Berlin. Knapp vier Jahre nach dem Tod einer Patientin ist ein Berliner Schönheitschirurg zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. „Die 49-jährige Frau kam gesund in die Praxis und hat sie einige Stunden später totgeweiht verlassen“, sagte Richter Ralph Ehestädt am Montag im Urteil des Berliner Landgerichts. Der Arzt wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Totschlags verurteilt. Das Gericht sprach ein vierjähriges Berufsverbot wegen schwerster Pflichtverletzungen aus.

Der 60-Jährige hatte im Frühjahr 2006 eine ambulante Bauchstraffung bei einer Patientin in einer mehrstündigen Operation vorgenommen. Es kam zu Komplikationen, an deren Folgen die Berlinerin zwölf Tage später starb. Der Mediziner hatte in dem Prozess Behandlungsfehler bestritten. Nach seiner Version waren Klinikärzte für den Tod der mehrfachen Mutter und Großmutter verantwortlich.

Ein Fehlverhalten von Krankenhaus-Mitarbeitern sah das Gericht aber nicht. Der Arzt habe es vielmehr versäumt, nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand seiner Patientin Rettungskräfte zu alarmieren. Der Mediziner habe nicht plausibel erklärt, warum er mehrere Stunden hinweg keinen Notarzt rief, hieß es. Außerdem hätte bei der Operation ein Narkosearzt anwesend oder zumindest in Bereitschaft sein müssen.

Das Verhalten des Chirurgen konnte in dem Verfahren nicht aufgeklärt werden. Es mag maßlose Selbstüberschätzung, Ignoranz oder eine gewisse Verbohrtheit gewesen sein, mutmaßte Richter Ehestädt. Vielleicht seien auch Überforderung und Stress im Spiel gewesen. Das Gericht blieb mit dem Strafmaß unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Sie hatte eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren beantragt.

Mit seiner mehr als 30-jährigen Berufserfahrung sei für den Chirurgen der Tod vorhersehbar gewesen, hieß es im Urteil. Das Gericht stellte einen zumindest bedingten Tötungsvorsatz zum Zeitpunkt des Abklingens der Narkose fest. Da habe eine systematische Verschleierung begonnen, hielt der Richter dem Chirurgen vor. Der Arzt habe auch seine Mitarbeiter auf bestimmte Aussagen eingeschworen. Weil nicht feststellbar sei, ob die Frau zu retten gewesen wäre, als die Vertuschung begann, ging das Gericht von versuchtem Totschlag aus.

Der Mediziner saß fünf Tage in Haft. Nach Zahlung von 30000 Euro wurde der damals 59-Jährige kurz vor Weihnachten 2009 entlassen. Bis zur Rechtskraft des Urteils bleibt er frei. Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage wollten eine Revision prüfen.