Das Opfer schildert das siebenstündige Martyrium. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Geiselnahme, Vergewaltigung und Körperverletzung vor.

Regensburg. Vor dem Landgericht Regensburg hat ein inhaftierter Sexualmörder gestanden, seine Therapeutin als Geisel genommen, mit einem Messer bedroht, gefesselt und missbraucht zu haben. Es ist die juristische Aufarbeitung eines siebenstündigen Martyriums. Beim Prozessauftakt am Dienstag schilderten der 51-Jährige und sein Opfer die Tat. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Geiselnahme, Vergewaltigung und Körperverletzung vor.

Der große, kräftig gebaute Mann, beschrieb in langsamen, fast behäbigen Worten, wie er am späten Nachmittag des 7. April 2009 die damals 49-jährige Diplom-Psychologin und Leiterin der sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt Straubing bedrohte und missbrauchte, um ein Telefonat mit seiner Brieffreundin zu erzwingen. Die JVA habe den Kontakt zu der Frau nicht gutgeheißen und einen Abbruch gefordert.

Nach einem Gespräch mit einem Mithäftling habe er den Entschluss gefasst, sich dies nicht länger gefallen zu lassen, sagte der 51-Jährige. „In mir hatte sich ein ziemlicher Frust angestaut.“ Letztlich sei er „ein bisschen sauer“ auf seine langjährige Therapeutin gewesen, von der sich im Stich gelassen gefühlt habe.

Selbstgebasteltes Messer

Bewaffnet mit einem selbst gebastelten Messer mit einer Klingenlänge von rund zehn Zentimetern, Klebeband und Sekundenkleber sei er in das Büro der Therapeutin gegangen und habe zunächst um ein sofortiges Gespräch gebeten. Die Frau habe ihn allerdings auf einen anderen Termin vertrösten wollen. „Dann war ich bereit, mir mit Gewalt zu holen, was ich wollte“, erklärte er. Der Mann sitzt seit 26 Jahren wegen eines Sexualmordes an einer 25-jährigen Frau im Jahr 1984 im Gefängnis. Zuvor hatte er wegen Vergewaltigungen schon sechs Jahre Haft verbüßt.

Die heute 50-jährige Psychologin, die als Nebenklägerin an dem Prozess teilnimmt, schilderte vor Gericht ihr stundenlanges Martyrium. Sie sei völlig arglos gewesen, als der 51-Jährige an jenem Nachmittag in ihr Büro gekommen sei, um mit ihr zu sprechen. Erst als er ihr den Weg zur Tür versperrt habe, habe sie begriffen, dass gerade etwas schieflaufe. „Ich war fassungslos“, sagte sie.

Der Angeklagte habe sie dann sofort mit einem Messer bedroht, gefesselt und geknebelt und zur Herausgabe des Türschlüssels gezwungen. Nach Verriegelung der Bürotür habe er begonnen, sie zu vergewaltigen. „Dabei sagte er einen Satz, den ich noch in mein Grab nehmen werde“, erklärte sie. „Er sagte: 'Ich will von der Sache hier was haben'“. Nach einer kurzen Pause habe er sich erneut an ihr vergangen.

Opfer seit Tat arbeitsunfähig

Während der ganzen Geiselnahme habe sie unglaubliche Todesangst gehabt und den unbedingten Willen, lebend aus diesem Wahnsinn herauszukommen. „Ich wusste ja, zu was er fähig war“, betonte die Therapeutin. Sie sei davon überzeugt, dass der 51-Jährige lange geplant habe, sie zu vergewaltigen und zu demütigen. Dies sei vor allem auch deshalb so schmerzlich für sie, weil sie seit 2004 viel von ihrer Arbeitskraft in ihn investiert habe. Seit der Tat ist sie arbeitsunfähig.

Letztlich sei sie wohl nur deshalb lebend aus ihrem Büro gekommen, weil sie keinen Fehler gemacht habe und er nicht wütend geworden sei, sagte die Therapeutin. Die zum Prozessauftakt vom Anwalt des Angeklagten vorgetragene Entschuldigung wies die 50-Jährige als „manipulativen Hohn“ zurück. „Dieses Gewinsel ist unerträglich“, schimpfte sie.

Der 51-Jährige war seit 1985 in der JVA Straubing untergebracht, sitzt inzwischen aber in Bruchsal bei Karlsruhe.

Für den Prozess sind bis zum 1. März drei Verhandlungstage angesetzt. Es sollen 14 Zeugen und drei Sachverständige aussagen.