Klaus Herrligkoffer, der Sohn des damaligen Expeditionsleiters, macht Reinhold Messner schwere Vorwürfe.

München. Der neue Vilsmaier-Film "Nanga Parbat" hat einen Eklat ausgelöst: Der Sohn des Expeditionsleiters von 1970 sieht das Andenken seines Vaters verunglimpft und verlangt eine Klarstellung.

"Ich erkenne meinen Vater nicht wieder", sagte Klaus Herrligkoffer am Freitag in München. Er spricht von einer "schweren Ehrverletzung eines Toten". Die Darstellung des Expeditionsleiters Karl Maria Herrligkoffer (gest. 75) in dem Film, aber auch der anderen Bergsteiger bringt die Nachfahren der ehemaligen Kameraden auf die Barrikaden. Gerade bei den nicht mehr Lebenden wiege die Verantwortung des Filmemachers besonders schwer, erklärt das Deutsche Institut für Auslandsforschung - Herrligkoffer-Stiftung. Denn für den Kinobesucher wirke der Film wie eine Dokumentation.

Es musste vielleicht so kommen - der Streit um die Expedition von 1970, bei der Reinhold Messners (65) Bruder Günther (gest. 23) starb, ist noch einmal voll entflammt. Die Brüder hatten am 27. Juni 1970 als Erste über die extrem schwierige Rupalwand den 8125 Meter hohen Gipfel erreicht, nur Reinhold kehrte lebend zurück. Nach seinen Angaben stieg er mit dem höhenkranken Günther aus Not über die unbekannte Diamir-Seite ab, um die steile Rupalwand zu vermeiden. Günther sei von einer Lawine getötet worden, als er den Weg suchte. So erzählt es auch der Film. Gleich danach gab es Streit, Messner zeigte Herrligkoffer wegen fahrlässiger Tötung und unterlassener Hilfeleistung an - doch die Staatsanwaltschaft München I stellte das Verfahren ein. "Demnach steht fest, dass die Beschuldigten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für den Tod Günther Messners verantwortlich sind", heißt es in dem Beschluss vom 14. März 1972.

Joseph Vilsmaier drehte, stets begleitet von Reinhold Messner als Berater, an spektakulären Originalschauplätzen im Himalaja und in Südtirol. Zum Teil ist der Film bis in kleine Details authentisch. An anderer Stelle wiederum staunen die Teilnehmer von damals über Begebenheiten, an die sie sich überhaupt nicht erinnern - etwa als im Film Messner Senator Franz Burda eloquent dazu bringt, die Expedition mit einem Blankoscheck zu unterstützen. "Der Film verfälscht, fügt hinzu, was nicht geschehen ist, und lässt weg, was geschehen ist", sagt Max von Kienlin, früherer Messner-Freund. Messner und Vilsmaier haben stets betont, es handele sich um einen Spielfilm, jedoch um einen, der auf Tatsachen beruht.

Wieder kommt im Film subtil der Vorwurf durch, Herrligkoffer habe die Brüder aufgegeben, statt sie zu suchen. Während Günther tot im Lawinenfeld lag und Reinhold knapp dem Tod entronnen von Einheimischen versorgt wurde, feierte Herrligkoffer im Film den Gipfelsieg von Felix Kuen und Peter Scholz - ohne Anstalten zu machen, nach den Vermissten zu forschen. Dabei ergaben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vor fast 40 Jahren, dass Herrligkoffer unter anderem einen Boten zur pakistanischen Distriktbehörde schickte, um eine Suche im Diamir-Tal zu veranlassen.

Scholz und Kuen scheinen im Film das Schicksal der Messner-Brüder nicht gerade zu bedauern. Sie finden am Gipfel Reinholds Handschuhe - und freuen sich: "Wir sind die Gipfelsieger." Denn sie glauben: Die Messners sind tot. "Das ist eine solche Frechheit. Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass sie das nicht gesagt haben", empört sich Bergfotograf Jürgen Winkler. Ähnlich äußert sich auch Gerhard Baur, der Günther als Letzter der Gruppe lebend sah und nach dem Gipfel mit Kuen und Scholz sprach. Manfred Sturm, Vorsitzender der Herrligkoffer-Stiftung, sagt: "Es geht um die Ehrenrettung von Herrligkoffer, Kuen und Scholz, die alle nicht mehr leben und sich nicht mehr wehren können." Während Klaus Herrligkoffer noch überlegt, ob er rechtliche Schritte einleiten soll, meint Gerhard Baur: "Wir haben die Nase voll und wollen unsere Ruhe - 40 Jahre reichen."