Ministerpräsident Matti Vanhanen kündigte eine gründliche Untersuchung an und sprach sich für eine Verschärfung der Waffengesetze aus.

Helsinki. Sechs Tote beim dritten Amoklauf in Finnland in nur drei Jahren: Ein 43-Jähriger hat Silvester in Espoo vor den Toren von Helsinki seine Ex-Frau, drei ihrer Arbeitskollegen und eine Kollegin in einem Supermarkt erschossen. Anschließend beging er mit seiner Waffe Selbstmord.

Nach dem erneuten Amoklauf mit mehreren Toten sprach sich Ministerpräsident Matti Vanhanen (54) für eine Verschärfung der Waffengesetze aus. Er kündigte eine gründliche Untersuchung an und sagte, das besondere Augenmerk werde dabei der Frage gelten, wie der Täter an die Schusswaffe gekommen sei. Bei 5,3 Millionen Einwohnern gibt es in Finnland 1,6 Millionen Schusswaffen in Privatbesitz. Finnland befindet sich damit unter den fünf Staaten mit der größten Verbreitung von Schusswaffen in Privatbesitz. Die finnische Staatspräsidentin Tarja Halonen (66) und Vanhanen sprachen den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus.

Am Morgen war ein in Schwarz gekleideter Mann in den Supermarkt "Prisma" des "Sello"-Einkaufszentrums von Espoo gestürmt. Er feuerte sieben Schüsse aus seiner automatischen Pistole ab und traf drei Männer sowie eine Frau tödlich. Unter den Kunden und den Angestellten brach Panik aus. In dem Chaos gelang dem Täter die Flucht. Hunderte Beamte durchkämmten auf der Suche nach dem Flüchtigen die Umgebung des Einkaufszentrums und setzten auch einen Hubschrauber ein. Zeitweise wurde sogar der Zugverkehr durch den Bahnhof gestoppt.

Die Polizei fand die Leiche des 1990 als Flüchtling aus dem Kosovo nach Finnland gekommenen Ibrahim Shukpoli schließlich in seiner Wohnung. Wahrscheinlicher Hintergrund für den Amoklauf ist Eifersucht.

Kurz zuvor hatten die Beamten in einer anderen Wohnung die Leiche einer früheren Partnerin des Mannes entdeckt. Shukpoli war 18 Jahre mit der Finnin liiert, die ihn wegen Gewaltanwendung angezeigt hatte. Er bekam danach von einem Gericht ein Besuchsverbot für die Frau auferlegt. Sie war in dem Supermarkt angestellt, in dem der Amokläufer vier Menschen umbrachte. Augenzeugen berichteten, dass in der Elektroabteilung des Marktes Panik ausbrach, als der Amokschütze als erstes Opfer einen Angestellten mit zwei Kopfschüssen tötete. Er feuerte in der Fleischabteilung weitere Schüsse ab, ehe er fliehen konnte.

Augenzeugen bezeichneten sein Vorgehen als "äußerst zielstrebig". "Viele Leute schrien, und viele Verkäufer waren völlig in Panik", sagte eine Frau. "Niemand wusste, was los war." Kunde Jorma Romo: "Ich wollte meine Einkäufe bezahlen und zu meinem Auto gehen, als mir gesagt wurde, dass das nicht geht." Für seine Pistole hatte Ibrahim Shukpoli keinen Waffenschein.

Die Stadt Espoo mit knapp 250 000 Einwohnern ist wegen der dort ansässigen Konzernzentrale des Handy-Herstellers Nokia auch international bekannt.

Es ist der dritte Amoklauf in Finnland innerhalb von drei Jahren: Im November 2007 erschoss ein 18 Jahre alter Schüler im Süden Finnlands an einer Schule sechs Mitschüler, eine Krankenschwester und den Direktor, bevor er sich selbst richtete. Im September 2008 erschoss ein bewaffneter 22-Jähriger neun Mitschüler einer Berufsschule in Kauhajoki im Nordwesten des Landes. Anschließend feuerte er auf sich selbst und erlag wenig später seinen Verletzungen. Schon nach den Amokläufen 2007 und 2008 waren Rufe nach strengeren Waffengesetzen laut geworden.