In Unna sterben drei Generationen einer Familie bei einem verheerenden Feuer. Ein technischer Defekt an einem Gerät im Wohnzimmer gilt als mögliche Ursache.

Unna. Nachbarn stehen fassungslos vor dem Einfamilienhaus in Unna-Königsborn (Nordrhein-Westfalen). Fünf Leichen aus drei Generationen einer Familie hat die Feuerwehr im Morgengrauen des ersten Weihnachtstages aus dem ausgebrannten Gebäude bergen müssen.

"Ingrid hat noch nachts in der Kirche im Weihnachtschor gesungen", sagt ein Mann, der einige Häuser entfernt wohnt. Seine Eltern kennen die Familie gut. Sein eigener Sohn ist im Alter eines der Jungen aus der Opferfamilie. "Hier ist fast eine ganze Familie ausgelöscht worden", sagt Landrat Michael Makiolla am Unglücksort. So ein schlimmes Feuer gab es im Kreis Unna seit 13 Jahren nicht mehr: Damals kamen Heiligabend drei Kinder in einem Asylbewerberheim im nahe gelegenen Bergkamen um.

Sieben Minuten nach der Alarmierung drang die Feuerwehr am ersten Weihnachtstag durch die Haustür und über eine Drehleiter in das eineinhalbgeschossige Haus ein. Der Vater (56) war zuvor durch den Alarm eines Rauchmelders geweckt worden. Er hatte noch über Handy die Feuerwehr rufen und sich durch ein Fenster nach draußen retten können. Nach einer leichten Rauchgasvergiftung konnte er noch am Sonnabend das Krankenhaus wieder verlassen. Er wird nun von Angehörigen betreut.

Seine Schwiegermutter (78) wurde ebenfalls mit schwersten Brandverletzungen gerettet, sie schwebt jedoch nach wie vor in Lebensgefahr. Die Feuerwehr kämpfte sich mit Atemschutz in dichtem Qualm durch das Haus und fand um 6.22 Uhr die ersten beiden leblosen Opfer. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Um 7 Uhr entdeckten die Einsatzkräfte eine dritte Leiche, um 7.40 Uhr eine vierte, um 8.08 Uhr die fünfte. Die letzten drei waren völlig verkohlt. "Ein Laie hätte sie nicht einmal als Leichen erkannt", sagte der Landrat.

Vielleicht war auch noch der Hund der Familie im Haus. Er sei bislang nicht gefunden worden, sagte Staatsanwältin Carola Jakobs. Nur die Überreste einer Katze wurden entdeckt.

Der Überlebende hat fast seine gesamte Familie verloren: seine Ehefrau (52), seine Söhne (19 und 25) - die einzigen Kinder -, seinen Schwiegervater (83) sowie seinen Schwager (47), der über die Feiertage aus Köln zu Besuch war. Als Todesursache nimmt die Staatsanwaltschaft Rauchgasvergiftungen an. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) kam noch am Unglückstag an den Brandort. Was er zu sehen bekam, war ein vom Feuer ausgehöhltes Zechenhaus mit Anbau und mehrere vom Feuer zerstörte Autos. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) zeigte sich ebenfalls tief betroffen angesichts des "schrecklichen Unglücks" und sprach den Angehörigen sein Beileid aus: "In diesen schweren Stunden sind Sie nicht allein", fügte er hinzu.

Brandermittler nahmen ihre Arbeit auf, noch während die Feuerwehr nach zwei zunächst vermuteten weiteren Opfern suchte. Zu Weihnachten naheliegende Vermutungen, dass vergessene Kerzen das Feuer ausgelöst haben könnten, bestätigten sich nicht. Einen technischen Defekt an einem Gerät im Wohnzimmer des Anbaus vermuten Experten stattdessen als Brandursache. Was für ein Gerät das gewesen sein könnte, sollen weitere Untersuchungen herausfinden. Es spreche nichts für einen sorglosen Umgang mit offenem Feuer, sagte Staatsanwältin Jakobs.

Am zweiten Feiertag zündeten zahlreiche Bürger auf dem Gehweg vor dem Unglückshaus Grablichter an oder legten Blumen nieder. Auch ein rasch gebasteltes Kreuz aus Styropor sowie ein Plüschteddy lagen an einem Baum. Der Verband der Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen erinnerte gestern an das Leid der Angehörigen, aber auch an die seelische Belastung der Feuerwehrleute durch die "erschütternden Eindrücke" beim Einsatz.