Wer bei den Chinook-Indianern viel gibt, wird zum Liebling der Götter. In Italien beschert eine Hexe.

Hamburg. Schenken erhält die Freundschaft. "Man schenkt, wenn man ein Interesse daran hat, Beziehungen zu bestätigen oder aufrechtzuerhalten", sagt der Soziologe Gerhard Schmied. Die Chinook-Indianer in den USA verausgaben sich dabei buchstäblich: Ihrer Ansicht nach wird derjenige zum Liebling der Götter, der am meisten verschenkt.

Geschenke erhalten aber nur die Freundschaft, solange der Beschenkte zurückgibt. Denn die ungeschriebene Regel lautet, Geschenke sind mit möglichst gleichwertigen Gegengeschenken zu beantworten. Der Akt des Schenkens sollte eigentlich ein selbstloser sein. Doch im Mittelalter gehörte es zum festen Glauben, Reiche könnten sich mit Almosen von Sünden freikaufen. Erst im 19. Jahrhundert, als aus dem religiösen Fest der Geburt Christi mehr und mehr ein weltliches Familienfest wurde, konnte sich das Schenken im Privaten durchsetzen. Dabei sind die Rituale in den Ländern dieser Welt höchst unterschiedlich:

Großbritannien und Irland: Dort hängt man am Abend des 24. Dezember Strümpfe in den Kamin, in die Santa Claus seine Gaben werfen soll.

USA : Erst am ersten Weihnachtsfeiertag ist hier die Bescherung.

Mexiko: Das Jesuskind wird am 24. um Mitternacht in die Krippe gelegt, um zu symbolisieren, dass es geboren wurde. Erst dann werden die Geschenke ausgepackt. Ein für Kinder besonders wichtiger Teil des Festes ist die "Pinata", ein mit Sternen und Figuren dekoriertes Tongefäß, gefüllt mit Früchten und Süßigkeiten. Die Pinata wird aufgehängt und die Kinder versuchen mit verbundenen Augen den Topf zu zerschlagen, um an die Leckereien zu kommen.

Skandinavien: Tomtenisse, Tomte und Nisse bringen die Geschenke. Sie sind drei rot gekleidete Kobolde aus Lappland und fliegen mit dem Rentierschlitten. Wer vergisst, ihnen Heiligabend eine Schüssel süßen Milchreis vor die Tür zu stellen, dem droht Ärger. Zum Festessen gehört süßer Mandelreis, in dem ganze Mandeln versteckt sind. Wer eine findet, erhält ein kleines Geschenk.

Russland: Zu den Kindern kommt Väterchen Frost erst am Neujahrsmorgen. Er ist mit einem Pferdewagen voller Geschenke und einem Wanderstab aus Eis unterwegs und wird vom Schneemädchen begleitet.

Italien: Die Hexe Befana bringt die Geschenke. Die alte Dame ist ein wenig schusselig. Im Gegensatz zu den Drei Königen verpasste sie den Stern, der zur Krippe Jesu führte. Nun ist sie auf der Suche nach dem Christuskind. Dabei bringt sie in jedes Haus Geschenke - vorausgesetzt, das Kind war artig. Die Bösen bekommen nur Asche und Kohle. Weil Befana durch den Schornstein kommt, hängen die Kinder in der Nacht zum 25. Dezember Strümpfe auf oder stellen Schuhe hin.

Spanien: Einige Tage vor Weihnachten ziehen die Kleinen singend von Haus zu Haus und bitten um Süßigkeiten. Geschenke bringen die Heiligen Drei Könige.

Niederlande/ Flandern: Sinterklaas, der Vorgänger des amerikanischen Santa Claus, ist hier zugleich Geschenkebringer und Schutzpatron der Seefahrer. Am letzten Sonnabend des Novembers besucht er mit seinem Schiff die holländischen Häfen. Bekleidet mit rotem Bischofsmantel, Bischofmütze und weißen Handschuhen, reitet er auf seinem Schimmel an Land. Sein Knecht Zwarte Piet (Schwarzer Peter) begleitet ihn.

Frankreich: Père Noël steckt den Artigen Gaben in die geputzten Schuhe. Seine Geschenke trägt er nicht in einem Sack, sondern in einem Korb auf dem Rücken.

Luxemburg: Heiligabend dürfen die Geschenke unter dem Baum erst nach der Mitternachtsmesse ausgepackt werden.

Norwegen: Kinder verkleiden sich am 26. Dezember als Julebukk und verlangen energisch Bonbons, nach dem gleichen Muster wie amerikanische Kinder an Halloween.

Dänemark: An Heiligabend gibt es als Dessert Weihnachtsgrütze (Julegrød) mit einer versteckten Mandel. Wer die Mandel in seiner Portion entdeckt, bekommt ein kleines Mandelgeschenk (Mandelgave).

Island: Die 13 Weihnachtszwerge von den Bergen, die dem Weihnachtsmann vom Aussehen ähneln, bringen den Kindern die Geschenke. Der erste kommt 13 Tage vor dem Fest und der 13. am Heiligabend.

Kolumbien: Das Schenken wird hier mit El Niño Jesus (Christkind) in Verbindung gebracht.

Brasilien: Mit Papai Noel (Weihnachtsmann) bringt hier wieder ein alter Mann die Gaben. Südamerikanische Weihnachtsmänner kleiden sich den Temperaturen entsprechend leichter und haben sich eine Reihe von Hilfsmitteln wie Trampoline und Leitern zugelegt, um nachts in die Häuser zu gelangen.

Argentinien: Kinder erhalten ihre Geschenke erst am Dreikönigstag, wenn sie ihre Schuhe unter ihrem Bett lassen, damit sie von den drei Weisen auf dem Weg nach Bethlehem mit Süßigkeiten gefüllt werden.

Georgien: Weihnachten fällt hier auf den 7. Januar. Man begibt sich zum Alilo auf die Straße, wo man sich zum Feiertag gratuliert. Dabei werden Kinder von älteren Menschen beschenkt.

Philippinen: Das Land kennt die weltweit längste Weihnachtszeit. Traditionell wird das Fest durch Abendmessen vom 16. Dezember an eingeläutet. Wer kann, der schenkt auch hier.