Auf der Ost-Strecke Berlin-München fällt jeder zweite ICE aus. Der Grund: aufwändige Wartungsarbeiten wegen des Winterwetters.

Leipzig/Berlin. Schöne Bescherung: Der Ausfall von jedem zweiten ICE auf der beliebten Strecke Berlin-Leipzig-Nürnberg-München - ausgerechnet kurz vor Heiligabend - war am Leipziger Hauptbahnhof am Mittwoch für viele Reisende eine Überraschung mit unangenehmen Folgen. Erst vor Ort erfuhren sie vom Bahnpersonal, dass ihr Zug nicht fährt und damit auch ihre Platzkarte keinen Wert mehr hat. Damit waren sich viele auch nicht mehr sicher, ob sie die kommenden Stunden im Zug stehen oder sitzen würden. „Leider können wir keine Ersatzzüge zur Verfügung stellen, da zurzeit alles fährt, was fahren kann“, erklärte der Sprecher von DB Bahn Vertrieb, Andreas Fuhrmann.

Bis zum 27. Dezember verbindet nun nur noch alle zwei Stunden ein ICE die Städte Berlin und München, statt wie sonst im Stundentakt zu fahren. Zur Begründung hieß es, die Züge müssten wegen des Winterwetters besonders intensiv gewartet werden. Fuhrmann begründete die Situation zudem mit „Spätfolgen des strengen Dauerfrostes, den wir in den letzten Tagen hatten“. Die Deutsche Bahn gab zu, dass ihre ICE- Züge bei kaltem Wetter technische Probleme bekommen. „Die Fahrzeuge sind nicht so gebaut, dass sie diesen sibirischen Temperaturen standhalten“, sagte der für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständige Sprecher, Jörg Böhnisch, am Mittwoch im Mitteldeutschen Rundfunk. In den vergangenen Tagen seien Züge „reihenweise kaputtgegangen“, weil trockener Pulverschnee „durch die Lüftungsgitter in die Fahrzeuge flutscht und dabei die elektrischen Bauteile in Mitleidenschaft ziehen kann".

Beim ersten Blick auf die große Abfahrtsanzeige im Bahnhof der größten sächsischen Stadt sah die Lage bis zum Mittwochmittag noch recht normal aus: Alle Züge mit Ausnahme von zwei ICEs waren pünktlich. Für den ICE 1612 nach Berlin wurden 20 Minuten Verspätung angezeigt, für den ICE 1609 nach München 15 Minuten. Doch an Gleis 10 und 11 warteten die Passagiere schon eine Stunde, weil die beiden ICE zuvor komplett ausfielen. „Der nächste Zug wird nun richtig voll“, ärgerte sich eine 53 Jahre alte Näherin aus Hoyerswerda, die zu Weihnachten bei ihrer Tochter in München sein will. „Ich hatte für den ausgefallenen Zug eine Platzreservierung - und bin jetzt gespannt, ob ich noch einen Sitzplatz bekomme!“

„Unser Zug fällt aus, deshalb müssen wir einen anderen nehmen“, berichtete die Leipzigerin Tamara Leise, die zu ihren Eltern nach Greifswald unterwegs war. „Ich hoffe, dass wir alle mitkommen. Uns wurde gesagt, dass der nächste ICE nur ein halber Zug ist - mit fünf statt zehn Wagen.“ Wie die anderen Töchter und Söhne, die ihre Eltern besuchen wollten und Mütter und Väter, die zu ihren Kindern unterwegs waren, blieb Leise aber recht gelassen. „Es ist doof, aber nicht zu ändern“, meinte sie. Das Bahnpersonal musste viele Fragen beantworten, wurde aber dennoch meist freundlich behandelt.

„Ich würde am liebsten gleich wieder nach Hause fahren“, schimpfte jedoch Margit Stecklina, deren Zug ausfiel. Sie hatte noch einen weiten Weg vor sich - bis nach Ingolstadt. Allerdings hielt der Zug, den sie nun nehmen musste, nicht dort, weshalb Umsteigen angesagt war. Ein Bahnmitarbeiter empfahl ihr, sich ins ICE-Bordrestaurant zu setzen, falls der Zug zu voll ist. Die Platzreservierung nützte ihr jedenfalls nichts mehr.