Auf der indonesischen Insel Sumatra stürzen bei Erdstößen Hunderte Gebäude ein. Tsunami verwüstet das Südseeparadies Samoa.

Wellington/Jakarta. Wenige Stunden nachdem ein schweres Seebeben im Südpazifik die Samoa-Inseln erschüttert und ein Tsunami mehr als 100 Menschen in den Tod gerissen hatte, hat ein verheerendes Beben vor der Küste der Insel Sumatra vermutlich Tausende Bewohner das Leben gekostet. Das befürchten die indonesischen Behörden. Bis gestern Abend wurden 75 Todesopfer aus den Trümmern geborgen. "Aber die Zahl wird definitiv höher sein", sagte Vizepräsident Jusuf Kalla.

Das Epizentrum des Bebens mit einer Stärke von 7,6 lag etwa 45 Kilometer vor der Küstenstadt Padang. Dort stürzten Hunderte Gebäude in sich zusammen, darunter ein Einkaufszentrum, Moscheen, Teile der Universität und zwei Krankenhäuser, Brände brachen aus. Nach Angaben der Behörden werden Tausende Menschen unter den Trümmern in der 900 000-Einwohner-Stadt vermisst. Starker Regen und ein Stromausfall erschwerten die Rettungsarbeiten. Nach Erdrutschen waren die Zufahrtsstraßen blockiert, die Telefonnetze brachen zusammen. "Viele Menschen verbringen die Nacht auf den Straßen, da sie Angst haben, in ihre Häuser zurückzugehen", sagte ein Sprecher der Hilfsorganisation World Vision.

Auf Samoa wurde derweil das ganze Ausmaß der Katastrophe offensichtlich: Ein völlig zerbeultes Auto steckt in einer Hauswand, in einem Saal liegt ein gestrandetes Fischerboot, Straßen sind von Trümmern übersät, ein zentnerschwerer Betonmischer liegt quer über der Straße: Nach dem verheerenden Tsunami bietet sich auf den normalerweise idyllischen und verschlafenen Inseln ein Bild der Verwüstung. Dutzende Menschen wurden von den bis zu siebeneinhalb Meter hohen Flutwellen in den Tod gerissen, ganze Dörfer ausgelöscht. "Autos wurden durch die Gegend geschleudert und zerschmettert. Es war ein Meer der Zerstörung", berichtet ein Tourist. "Alles ist platt. Es war so schnell, und nun ist alles weg", sagt die neuseeländische Urlauberin Graeme Ansell.

Wendy Booth, die mit ihrem Mann die Ferienanlage "Sea Breeze" auf Samoa führt, hat den Tsunami mit knapper Not überlebt. "Eine Welle brach durch den Fußboden, spülte zur Hintertür wieder raus und riss uns mit", schildert sie. "Wir konnten uns an einem Geländer festklammern. Mein Mann und ich hielten uns aneinander fest, und dann war die Welle vorbei, aber der Sog war enorm." Die Ferienanlage wurde völlig zerstört. "Die Lagune ist voller Trümmer", sagt Augenzeuge Tony Manson. "Ich weiß nicht, wie viele Leute tot sind, aber ich weiß, dass hier gerade einige Leute Leichen bergen."

Nach offiziellen Angaben hat der Tsunami mindestens 113 Menschen in den Tod gerissen: 84 in Samoa, 22 im benachbarten Amerikanisch-Samoa und sieben in Tonga. Auch im Südseeparadies gibt es aber noch viele Vermisste, kann die Opferzahl noch steigen. Vize-Premierminister Misa Telefoni hat traurige Nachrichten aus den Touristengebieten der Hauptinsel Upolu: "Die meisten Anlagen sind zerstört. Die Küste bietet ein düsteres Bild."

Auch aus Amerikanisch-Samoa gibt es Berichte über Tod und Zerstörung: "Es wird vermutlich eine Woche dauern, bis wir das ganze Ausmaß kennen", sagt Katastrophenschutzchef Michael Sala. Weil das Epizentrum des Bebens (Stärke 8,0) dicht vor den Inseln lag, hatten die Behörden kaum Zeit, die Menschen zu warnen: Schon Minuten nach dem Erdstoß trafen die Flutwellen auf die flachen Inseln.