Der Linienbus stürzte eine Böschung zur Wupper hinab und blieb auf dem Dach liegen. Taucher sind im Einsatz, um nach weiteren Opfern zu suchen.

Radevormwald. „Plötzlich war der Bus weg“, sagt ein Rentner völlig fassungslos. „Dann kamen zwei junge Frauen blutüberströmt den Hang hochgeklettert.“ Der Man ist Augenzeuge des schweren Busunglücks geworden, bei dem am Dienstag im oberbergischen Radevormwald mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen sind. Doch er ist nicht der einzige an der Unglücksstelle, der kaum glauben mag, was er sieht. Der Lärm des Unfalls hatte zahlreiche Anwohner aufgeschreckt, viele sind aus ihren Häusern herbeigeeilt. „Es hat sich angehört, als ob ein Haus zusammenstürzt“, erzählt der 42-jährige Ferdinand Stock. „Das ist schrecklich“, fügt er mit Blick auf die Schneise hinzu, die der Bus bei seinem Sturz in die Tiefe gerissen hat. Der Bus hatte eine Leitplanke durchbrochen und stürzte 20 Meter tief in die Wupper.


Das Unglück ereignete sich am späten Vormittag. Der Linienbus war gegen 11.50 Uhr auf der Landstraße 414 unterwegs von Wuppertal nach Dahlhausen. Auf der abschüssigen Strecke gewann das Fahrzeug plötzlich aus unbekannten Gründen immer mehr an Geschwindigkeit. In einer Linkskurve kam es von der Fahrbahn ab, brach durch eine Leitplanke und stürzte etwa 20 Meter tief die Böschung hinunter in die Wupper. Dort blieb der stark beschädigte Bus teilweise im Wasser liegen.

Der Unglücksbus gehörte einem Privatunternehmen, wurde aber als Linienbus im örtlichen Nahverkehr eingesetzt. Etwa 400 Meter vor der Unfallstelle hatte der Bus noch regulär an einer Haltestelle gestoppt, Menschen stiegen ein und aus. „Alle, die ausstiegen, hatten wohl einen Schutzengel“, sagte eine Anwohnerin. „Ganz tragisch ist es für die, die noch zugestiegen sind.“ Die Stelle sehe aus wie nach dem Orkan „Kyrill“, fügt sie hinzu.


Nach dem Unfall spielten sich am Unglücksort dramatische Szenen ab. Drei blutende Verletzte saßen an einer Bushaltestelle und warteten auf Hilfe. Feuerwehrleute versuchten, die Verletzten zu retten und die Böschung hinaufzuziehen. Eine verzweifelte Mutter kletterte mit ihrem Sohn den Abhang hinunter, weil sie befürchtete, das verunglückte Fahrzeug sei der Schulbus gewesen. „Sind das die Kinder?“ fragte sie und konnte nur mühsam von den Feuerwehrleuten beruhigt werden.

Die Bergungsarbeiten an der unwegsamen Stelle gestalteten sich schwierig, da es an der Unfallstelle 20 Meter nach unten geht. Um die Opfer bergen zu können, mussten die Feuerwehrleute zahlreiche Bäume fällen und so Platz für einen Kran schaffen, der den Bus schließlich anheben sollte. Taucher suchten in der Wupper nach weiteren Leichen oder Leichenteilen. Auf dem Parkplatz des benachbarten Einkaufszentrums Wuppermarkt wurde eine Verletzten-Sammelstelle eingerichtet. Notfallseelsorger standen bereit, um sich um Angehörige der Opfer zu kümmern.


Das Unglück weckte bei den älteren Anwohnern schlimme Erinnerungen: Radevormwald-Dahlerau war schon einmal Schauplatz eines schweren Verkehrsunglücks. Am 27. Mai 1971 ereignete sich in der oberbergischen Stadt eine der schwersten Zugkatastrophen der deutschen Nachkriegsgeschichte, bei dem 46 Menschen starben und 25 weitere verletzt wurden. Auf der Strecke Wuppertal – Radevormwald stieß damals ein mit Schülern besetzter Triebwagen mit einem Güterzug zusammen.