Kaum war die Sonne über Südasien aufgegangen, verschwand sie auch schon wieder. Millionen Menschen blickten gebannt gen Himmel, als der Mond die Sonne gestern Morgen für einige Minuten verdunkelte.

Neu Delhi/Peking. Die längste totale Sonnenfinsternis dieses Jahrhunderts begann um 5.28 Uhr Ortszeit (1.58 Uhr MEZS) über dem Arabischen Meer und zog in nordöstlicher Richtung weiter. Dichte Wolken und Monsunregen verhinderten jedoch im Westen Indiens den Blick auf das Naturschauspiel. In der Hauptstadt Neu Delhi dagegen konnten die Menschen bei klarem Himmel miterleben, wie sich der Mond vor die Sonne schob.

"Eine totale Sonnenfinsternis ist etwas ganz Besonderes", sagte der indische Astrophysiker Jayant Murthy. "Die plötzliche Dunkelheit und der Feuerring um den Mondschatten sind atemberaubend." An vielen Orten verfolgten die Menschen das Naturschauspiel unter freiem Himmel. Indische Fernsehsender hatten ihre Reporter unter anderem in die als heilig geltende Stadt Varanasi entsandt, wo Zehntausende gläubige Hindus unmittelbar nach Ende der Finsternis ein reinigendes Bad im Ganges nahmen.

Wie lange der Erdtrabant die Sonne in Süd- und Ostasien verfinsterte, hing vom Standort ab. Während das Ereignis in Indien nur etwa drei Minuten dauerte, war die Sonnenfinsternis auf der japanischen Insel Akuseki mit über sechs Minuten am längsten zu sehen. "Wir haben die Sonne nur für ein paar Sekunden gesehen", berichtete eine Frau in der Hauptstadt Peking. Er habe das Spektakel wie die meisten seiner Kollegen vom Fenster seines Büros beobachtet, weil es heftig geregnet habe, erzählte Teddy Wang vom Shanghaier Team des Software-Portals Softonic. Als es komplett dunkel geworden sei, habe niemand mehr gearbeitet, alle seien aufgeregt gewesen, "sogar mein Chef".

Viele Chinesen waren zuvor besorgt: Ein alter Aberglaube besagt, die Sonne werde bei einer Finsternis von einem Drachen gefressen, was zu schweren Naturkatastrophen führe. Auch in Indien befürchteten die Menschen schlimme Folgen. Gläubige Hindus etwa blieben in ihren Häusern, denn die indische Mythologie besagt, dass bei einer Sonnenfinsternis der Dämon Rahu versuche, den Sonnengott Surya und damit das Leben auf der Erde in Gefahr zu bringen.