Piraten und die Besatzung des deutsch-italienischen Kreuzfahrtschiffs “MS Melody“ haben sich am Sonnabend vor der Küste Somalias ein Feuergefecht geliefert. An Bord waren zum Zeitpunkt der Piratenattacke 1500 Menschen, darunter 38 Deutsche. Verletzt wurde zwar niemand. Doch Kapitän Ciro Pinto fühlte sich an einen Krieg erinnert.

Piraten haben am Wochenende vor der Küste Somalias einen deutschen Frachter gekapert und ein deutsch-italienisches Kreuzfahrtschiff angegriffen. Die Besatzung der "MS Melody" wehrte den Überfall aber nach Angaben des Kapitäns erfolgreich ab: Kapitän Ciro Pinto sagte im staatlichen italienischen Rundfunk, er habe seinen Sicherheitsleuten befohlen, zurückzuschießen, als sechs Piraten in einem kleinen Boot sein Passagierschiff angriffen.

Nach Angaben von Kapitän Ciro Pinto griffen kurz vor Mitternacht sechs mit Kalaschnikows bewaffnete Piraten von einem Schnellboot aus das italienische Kreuzfahrtschiff an. Sicherheitsleute an Bord hätten das Feuer eröffnet, als die Seeräuber eine Leiter an der "MS Melody" anbringen wollten. Daraufhin ließen die Piraten seinen Angaben zufolge von ihrem Vorhaben ab, folgten dem Schiff jedoch noch etwa 20 Minuten lang. "Ich werde nie vergessen, was an diesem Abend geschehen ist: Das war wie im Krieg", sagte Pinto am Sonntag italienischen Medien.

Die "MS Melody" gehört der in Genf ansässigen internationalen Reederei MSC Crociere, die in Deutschland von der Tochterfirma MSC Kreuzfahrten in München vertreten wird. An Bord befanden sich laut Kapitän 536 Besatzungsmitglieder und 991 Passagiere, darunter nach Angaben von MSC Kreuzfahrten 38 Deutsche. Während des Angriffs wurden Pinto zufolge im Durcheinander auf dem Schiff ein Passagier und ein Besatzungsmitglied leicht verletzt. An dem Kreuzfahrtschiff selbst entstand nur ein geringer Schaden. Der Rumpf wies Einschusslöcher auf. Mehrere Fenster und ein Rettungsbeiboot wurden zerstört.

Ein Passagier aus Baden-Württemberg berichtete "Spiegel Online" telefonisch von den Ereignissen. Er habe etwa 50 Schüsse gehört, die außerhalb des Schiffes abgegeben worden seien. Die Passagiere seien aufgefordert worden, in ihre Kabinen zu gehen und die Lichter zu löschen.

Das Schiff setzte am Sonntag seine Reise in die jordanische Hafenstadt Akaba fort. Es sollte dabei Geleitschutz von internationalen Truppen erhalten, die derzeit mit mehreren Missionen im Indischen Ozean und im Golf von Aden im Anti-Piraten-Einsatz sind.

Ein Kriegsschiff der EU-Mission "Atalanta" war bei der Attacke rund 200 Kilometer - und damit mehrere Stunden - von dem Kreuzfahrtschiff entfernt, wie ein Sprecher der Mission der Nachrichtenagentur AFP sagte. Zudem habe es sich dabei nicht um eine schnelle Fregatte, sondern lediglich um ein Versorgungsschiff gehandelt. Da Kreuzfahrtschiffe wegen ihres schnellen Tempos und des hohen Rumpfes schwer von Piraten zu entern sind, gelten sie als weniger gefährdet für Angriffe. Nach Angaben des Atalanta-Sprechers werden Kreuzfahrtschiffe für den Fall einer Attacke angewiesen, schnell zu fahren und einen Zick-Zack-Kurs einzuschlagen, um die Piraten abzuschütteln.

Im Golf von Aden wurde erneut ein deutsches Schiff gekapert. Nach Angaben eines Sprechers der Fünften US-Flotte in Bahrain brachten die Seeräuber den Getreidefrachter "Patriot" am Samstagmorgen südöstlich des jemenitischen Hafens El Mukalla in ihre Gewalt. Ein Schiff mit diesem Namen befindet sich im Besitz der Hamburger Reederei Johann M.K. Blumenthal. Diese wollte sich zu der Entführung jedoch nicht äußern, auch das Auswärtige Amt bestätigte die Angaben zunächst nicht. Nach Angaben des Ostafrikanischen Seefahrer-Hilfsprogramms (EASA) in Nairobi sind die 17 Besatzungsmitglieder an Bord offenbar unversehrt. Sie stammen laut "Spiegel Online" nicht aus Deutschland.

Somalische Piraten halten seit Anfang April bereits die deutsche "MV Hansa Stavanger" der Reederei Leonhardt und Blumberg in ihrer Gewalt. Unter den 24 Seeleuten an Bord sind fünf deutsche Staatsbürger. Insgesamt haben Piraten derzeit mindestens 17 Schiffe und rund 300 Besatzungsmitglieder in ihrer Gewalt. Am Wochenende wurden ein jemenitischer Frachter und ein griechisches Handelsschiff wieder freigelassen.