Mittlerweile sind die Eltern der drei Kinder, die in Italien ausgesetzt wurden, gefasst. Jetzt spricht zum ersten Mal die Mutter. Sie behauptet, es wäre die beste Lösung gewesen, die Kinder in der Pizzeria zurückzulassen. Der Nachwuchs hätte Hunger gehabt und sie konnten die Rechnung nicht bezahlen.

Aosta. Die Mutter der in einer Pizzeria in Italien zurückgelassenen Kinder hat ihre Tat als die "beste Lösung" verteidigt. Sie habe bei der Befragung durch die Polizei angegeben, dass die Kinder Hunger gehabt hätten und sie und ihr Freund aber kein Geld, teilte ein Sprecher der Präfektur von Aosta mit. "Die Kinder haben schon angefangen zu weinen, weil sie Hunger hatten", habe die 26-Jährige berichtet. "Sie ist jetzt auf freiem Fuß", sagte der Sprecher.

Die drei in Italien ausgesetzten Kinder aus dem Sauerland sollen möglichst schnell in ihre Heimat zurückkehren. Mitarbeiter des Kreisjugendamtes von Olpe und die Großeltern der drei Kleinen sind inzwischen im Aostatal, sagte der Olper Kreisdirektor Theo Melcher. Wann die Kinder ankämen, sei aber noch unklar. "Wir suchen derzeit nach einem sicheren Ort." Die beiden Jungen im Alter von zehn Monaten und sechs Jahren sowie deren vierjährige Schwester sollten auch vor dem zu erwartenden Medienandrang geschützt werden.

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Als die Polizei die Eltern in dem Waldstück aufspürte, schienen sie fast froh, endlich entdeckt worden zu sein. "Beide sind wohlauf", sagte Salvatore Aprile, der Polizeichef von Aosta. "Sie erzählten den Beamten, dass ihnen das Geld ausgegangen sei und sie sogar ihr Handy verkauft hätten, um sich etwas zu essen kaufen zu können." Über das Motiv schwieg das Pärchen.

Ina Caterina R. (26) aus Finnentrop im Kreis Olpe hatte am Sonntag nach einem gemeinsamen Essen ihre drei kleinen Kinder in einer Pizzeria im italienischen Aosta-Tal sitzen gelassen und war mit ihrem Freund Sascha S. (24) untergetaucht.

Eine Anwohnerin hatte die Deutschen in einem Waldgebiet bei Brissogne entdeckt. "Ich habe versucht, mit ihnen zu sprechen, habe sie gefragt, ob sie etwas brauchten, aber wir haben uns nicht verständigen können", sagte Manuela Bionaz. "Wir haben dann ein paar Minuten lang versucht, miteinander zu kommunizieren, und sie gaben mir zu verstehen, dass es ihnen gut gehe und sie nichts brauchten." Das sei am Dienstagabend gewesen. Sie benachrichtigte die Polizei, ein Hubschrauber fand zunächst jedoch nichts.

Später entdeckte Bionaz dann jedoch Zigarettenkippen und andere Spuren, die auf das deutsche Pärchen hindeuteten. Die Polizei suchte erneut und wurde fündig. Die beiden haben auf einer von Gehölz gesäumten Straße möglicherweise in einem am Straßenrand geparkten Fahrzeug übernachtet, vermuten die Ermittler.

Wie kann eine Mutter so etwas tun? Ihr Vater Horst R. sagte der "Westfalenpost": "Dafür habe ich keine Erklärung. Die Kinder waren ihr doch immer so wichtig. Sie war eine gute Mutter."

Vieles deutete zunächst darauf hin, dass die beiden aus Verzweiflung über ihre verfahrene Lebenssituation handelten. Aus Tagebuchaufzeichnungen der jungen Leute ging hervor, dass sie in finanziellen Schwierigkeiten stecken und über Selbstmord nachdachten. Sascha S., der aus Bad Laasphe in Nordrhein-Westfalen stammt, ist zudem ein flüchtiger Häftling. Er war nach einem zweitägigen Urlaub nicht in den offenen Vollzug nach Oelde (Kreis Warendorf) zurückgekehrt. Er muss noch bis 2011 eine Haftstrafe wegen räuberischer Erpressung, Diebstahls und Einbruchs absitzen.

Dennoch soll das Paar bald wieder auf freien Fuß gesetzt werden, hieß es aus Justizkreisen in Aosta. Gegen die beiden wurde im Polizeipräsidium im Beisein eines Dolmetschers Strafanzeige wegen Aussetzung Minderjähriger gestellt, außerdem sollten sie erklären, warum sie geflüchtet waren. Ein Sprecher: "Danach dürfen sie gehen, auch der aus einem Hafturlaub geflohene Mann." Denn er sei nicht international zur Fahndung ausgeschrieben. Die deutschen Ermittler hatten ihm noch die Möglichkeit gegeben, freiwillig nach Deutschland zurückzukehren.

Die Kinder - ein Mädchen (4) und zwei Jungen im Alter von acht Monaten und sechs Jahren - spielten derweil "wohlauf und vielleicht glücklich wie nie zuvor" in einem Heim im Zentrum von Aosta, berichtete die italienische Tageszeitung "La Repubblica". Mit italienischen Kindern im Heim verständigten sich die kleinen Deutschen mit Händen und Füßen hervorragend.

Sie sollten noch heute von Mitarbeitern des Olper Kreisjugendamtes zurück nach Deutschland geholt werden. Daran ändere sich auch durch das Wiederauftauchen der Mutter nichts, sagte ein Sprecher. Zwei Mitarbeiter waren gestern mit einem Auto ins Aosta-Tal aufgebrochen. Die Geschwister sollen voraussichtlich bei den Großeltern in Finnentrop im Sauerland untergebracht werden. Der Mutter wurde das Sorgerecht entzogen.

Ina Caterina R. hatte ihren Freund im Gefängnis kennengelernt. Sascha S. teilte eine Zelle mit dem leiblichen Vater (30) ihrer Kinder. Weil der ein weiteres Kind des Paares zu Tode geschüttelt hatte, wurde er zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Als ihn Ina Caterina R. besuchte, verliebte sie sich in dessen Zellengenossen Sascha S.