Und wieder verändern zwei stattliche Flauschbären den Lauf der Weltgeschichte: Sie heißen Tuan Tuan und Yuan Yuan, sind vier Jahre alt und werden gerade für einen höheren Zweck „zwangsumgesiedelt“.

Die Namen bedeuten zusammengenommen "Wiedervereinigung" und die beiden Kuschelmonster überwinden tatsächlich den Graben, der seit 60 Jahren China (Volksrepublik) und Taiwan (Republik China oder abfällig: Chinesisch Taipeh) zu Erzfeinden macht. Die Pandas aus der Erdbebenprovinz Sichuan sind ein Geschenk an den Zoo in Taipeh. Dort wartet man seit Monaten geduldig auf die Tiere, die jetzt erst einmal in Quarantäne kommen, ehe sie voraussichtlich zum Neujahrsfest Ende Januar der gespannten und skeptischen Öffentlichkeit in Taiwan gezeigt werden.

Neun Millionen US-Dollar hat das hochmoderne Gehege des Zoos gekostet, vier Jahre wurde gehämmert und gezimmert, wurden Bambussorten gepflanzt, nach denen die Pandas geradezu verrückt sind. Und Dr. Sex aus dem Reich der wilden Tiere ist auch schon da: Ein Fortpflanzungsexperte kümmert sich um das passende Umfeld im neuen Panda-Heim. Schließlich soll die Paarung stimuliert, das neue Kuschelverhältnis zwischen China und der abtrünnigen Provinz Taiwan mit Nachwuchs gekrönt werden. Schon der Transport der Pandas war ein diplomatischer Hochseilakt. Welches Flugzeug? Wer darf dabei sein? Am Ende machte es ein Charterflieger der taiwanesischen EVA Air. Die Bordverpflegung auf dem zweieinhalbstündigen Trip soll himmlisch gewesen sein.

Die Charmeoffensive der Chinesen und die willige Hingabe der Taiwaner hat handfeste Hintergründe. Nach Jahren der Konfrontation und beinahe militärischen Konflikte in der Straße von Taiwan merken der Große Bruder in Peking und der abtrünnige, international kaum anerkannte Tigerstaat, dass sie doch gemeinsame Ziele haben. Zwar fürchten beide den Einfluss des anderen auf das eigene Volk. Doch wirtschaftlich sind sie so stark verbunden, dass gerade die globale Finanzkrise sie noch stärker aneinanderschweißen muss. Taiwaner haben Tausende Firmen in China gegründet, etwa 60 Milliarden US-Dollar investiert. Jetzt schwächelt Taiwans Wirtschaft nach Jahren irrer Wachstumsquoten. China stützt Taiwans Investitionen nun mit einem Extrapaket über 19 Milliarden Dollar.

Das fördert auch die politische Annäherung, die Taiwans neuer Präsident Ma Ying-jeou gegen heftige Widerstände im eigenen Land befördert hatte. Ein chinesischer Unterhändler musste sich zuletzt in Taipeh sogar im Hotel verschanzen, weil Taiwaner ihn bedrohten. Seit Neuestem jedoch gibt es deutlich mehr Direktflüge ohne diplomatische Umwege zwischen den ehemals verfeindeten Brüdern. Mehr Festlandchinesen dürfen bei Besuchen Taiwans Blüte und die gemeinsame Geschichte im Museum und die Zukunft in überwachungsfreien Hotels im freien Fernsehen bewundern. Und Präsident Ma akzeptierte von Peking endlich die Pandas, die sein Vorgänger noch angelehnt hatte. In vergangenen Jahren hatte China Dutzende von Pandas als diplomatische Geste an einige Länder geschickt, darunter die USA und Deutschland. Der Berliner Zoo erhielt 1980 ein Pärchen, das ein Bundeskanzler mit seinen glänzenden Chinakontakten vermittelte, der an diesem für China und Taiwan historischen 23. Dezember ebenfalls einen besonderen Tag feiert: Helmut Schmidt wird 90 Jahre alt.