Seit Monaten reden Vater und Sohn nicht mehr miteinander. Der Prinz hält dennoch zu seiner bürgerlichen Frau.

Tokio. Der japanische Kaiser Akihito ist sehr krank. Ärzte diagnostizierten bei dem 74-Jährigen unregelmäßigen Herzschlag, hohen Blutdruck und Blutungen aus Magen und Därmen. Vergangene Woche musste der Kaiser sogar eine Audienz des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski (59) absagen. Die Ärzte gaben als Ursache der Erkrankung Stress an. Das kaiserliche Hofamt hat sich bislang alle Mühe gegeben, die Lage zu bagatellisieren, doch in Japan wachsen Befürchtungen, der Tenno könnte kränker sein als bekannt.

Den Hintergrund liefert offenbar eine familiäre Tragödie. Wie japanische Medien berichteten, warf die Bemerkung von Ichiro Kanazawa, dem Chefarzt des kaiserlichen Hofamtes, ein bezeichnendes Licht auf die Lage im Palast. Kanazawa sagte auf einer Pressekonferenz über Kaiser Akihito: "Bitte denken Sie nicht, dass er sich gestresst fühlt, weil er so eifrig offiziellen Pflichten nachkommt oder weil sein Tagesplan so dicht gedrängt ist. Seine Majestät fühlt sich wegen vieler Dinge gestresst, und ich glaube, er hat sich geduldig im Zaum gehalten." Toshiko Marks, eine prominente Professorin der Shumei-Universität, sagte dazu, es sei tatsächlich sehr unwahrscheinlich, dass die Pflichten des Kaisers und der Kaiserin Michiko (74) der Grund seien - denn sie seien nach seiner Prostatakrebs-Operation im Januar 2003 zurückgefahren worden. "Wir wissen, dass es eine Entfremdung gegeben hat zwischen dem Kaiser und seinem ältesten Sohn, Kronprinz Naruhito - und die scheint tiefer zu gehen, als wir dachten." Akihitos Regierungszeit trägt den Namen "Heisei" (Frieden überall) - aber das scheint nicht für die eigene Familie zu gelten. Selbst die sonst sehr zurückhaltende Nachrichtenagentur Kyodo machte mit den Zeilen auf: "Spekulation um des Kaisers Stress - Streit mit dem Kronprinzen?"

Die Entfremdung zwischen Vater und Sohn (48), die dazu geführt haben soll, dass beide schon seit Monaten nicht miteinander reden, geht auf Naruhitos Entscheidung von 1993 zurück, die Bürgerliche Masako Owada (45) zu heiraten. Masako hat zwar 2001 Tochter Aiko (7) bekommen - aber keinen männlichen Thronerben zur Rettung der Dynastie.

Der Tenno auf dem Chrysanthementhron ist Oberhaupt der ältesten Herrscherfamilie der Welt, die ihre 2000-jährige Abstammungslinie auf die Sonnengöttin Amaterasu zurückführt. Nachdem Naruhitos jüngerer Bruder Akishino (43) 2006 Vater eines Sohnes wurde - Prinz Hisahito ist der erste männliche Nachkomme der Kaiserfamilie seit 40 Jahren -, entspannte sich die Debatte etwas. Doch durch die Familie geht ein Risss. Hinzu kommt, dass Naruhitos Schwester Sayako (39) die Familie verlassen musste, weil sie ebenfalls einen Bürgerlichen geheiratet hatte. Prinzessin Masako tritt kaum noch in der Öffentlichkeit auf - aufgrund der starken Spannungen mit der Familie. Die westlich erzogene Wirtschaftswissenschaftlerin, die in Harvard und Oxford studierte und Naruhitos Heiratsantrag zunächst zweimal zurückwies, war im Palast einem derartigen Mobbing ausgesetzt, dass sie psychisch schwer erkrankte. Naruhito sah sich zu der spektakulären Erklärung veranlasst, Masako habe mit aller Kraft versucht, sich der kaiserlichen Familie anzupassen, aber es habe "Bestrebungen gegeben, Masakos "Persönlichkeit zu negieren". Es war geradezu eine Kampfansage an seinen Vater, den 125. Tenno, und das Hofamt.

Zu dem schweren Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn sagte Professor Marks weiter, der Kaiser sei dem traditionellen imperialen System vollständig verpflichtet, sein Sohn hingegen, teilweise in Oxford erzogen, sei in einer anderen Welt aufgewachsen. Ihn interessiere vor allem das Wohl seiner Frau. Marks düster: "Es ist gut möglich, dass die Krankheit des Kaisers sehr viel schwerer ist. Und dass das Hofamt uns alle auf noch ernstere Nachrichten vorbereitet."