NEAPEL. Die Stadt am Vesuv droht, im Müll zu versinken. Auf den Straßen stapeln sich etwa 2000 Tonnen übel riechender Unrat und Abfall. Die Feuerwehr musste allein gestern Nacht 70-mal ausrücken, um von verärgerten Bürgern angezündete Müllhaufen zu löschen. In der Nacht zuvor kam es zu 250 Einsätzen. Die Umweltorganisation WWF sprach von einem "Zustand des Bürgerkriegs", die Zeitung "La Repubblica" schrieb, dass die sechs Millionen Einwohner der Region "in ihren eigenen Exkrementen" unterzugehen drohen. Ärzte warnen, dass der Qualm giftige Dioxine freisetze.

Doch das Problem ist nicht neu. Die italienische Regierung hatte in der Region Neapel erstmals 1994 den Müllnotstand ausgerufen. Dieser wird seither alljährlich erneuert. Neben der Überlastung der Deponien spielt auch die Camorra in dem Konflikt eine Rolle. Die illegale Müllentsorgung ist nach dem Drogenschmuggel ihre wohl wichtigste Einnahmequelle.

Jedoch sind die Bürger strikt gegen die Einrichtung von Verbrennungsanlagen in der Umgebung. Sie fürchten um ihre Gesundheit. "Was für eine Zukunft hätten dann unsere Kinder?", fragte eine Frau aus dem besonders schlimm betroffenen Stadtteil Pianura. "Ich hatte Krebs, viele Verwandte und Freunde sind gestorben, für uns sind diese Anlagen ein Todesurteil", rief eine andere Neapolitanerin.

Versuche, geschlossene Deponien wiederzueröffnen, scheitern aber auch an den Protesten der Anwohner. Auch gestern waren weitere Demonstrationen geplant. Das italienische Innenministerium kündigte ein hartes Vorgehen gegen Demonstranten an.