Zahl der Toten auf 289 gestiegen. Ministerpräsident Silvio Berlusconi will Obdachlose aufnehmen. Bilder von der Totenmesse in L'Aquila - Bilder zur Naturkatastrophe in Abruzzen.

L'Aquila. "Der Tag heute ist von Trauer bestimmt. Aber zwischen all den Trümmern ist der Wunsch nach Neuanfang, Neubau und neuen Träumen spürbar", sagt Kardinal Tarcisio Bertone, Staatssekretär des Vatikans.

Fünf Tage nach dem katastrophalen Erdbeben hat Italien in L'Aquila mit einer tief emotionalen Trauerfeier Abschied von den mittlerweile 289 Toten genommen. Papst Benedikt XVI., der nach Ostern in die Regionalhauptstadt der Abruzzen reisen wird, schickte ein Grußwort, das sein Privatsekretär Georg Gänswein verlas.

Auf dem Paradeplatz der Polizeischule, wo 205 Särge in Reih und Glied stehen, spielen sich erschütternde Szenen ab. Tausende Menschen beten, viele weinen, umklammern verzweifelt einen Sarg. Einige geben den Opfern eine letzte rote Rose mit auf den Weg. Immer wieder sind auch kleine weiße Kindersärge zu sehen. Oft sind sie zusätzlich geschmückt mit persönlichen Erinnerungsstücken wie dem Spielzeugmotorrad eines Jungen und dem blauen T-Shirt eines Mädchens. Das jüngste Opfer unter den 20 ums Leben gekommenen Kindern und Jugendlichen wäre am Ostersonntag fünf Monate alt geworden.

Kardinal Bertone versucht in seiner Rede, den Blick der Trauernden auf das Ostergeschehen mit der Auferstehung zu lenken: "Das wird euer Ostern sein, ein Ostern, das aus den Trümmern eines Volkes neu erstehen wird, welches in seiner Geschichte so viel Leid erlebt hat." Der Gedenkgottesdienst findet unter freiem Himmel in L'Aquila statt, weil alle Kirchen der Stadt beschädigt oder zerstört sind.

Auch der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist zur Trauerfeier gekommen. Hatte er Tage zuvor noch für einen Eklat gesorgt, als er den obdachlos gewordenen Menschen empfahl, die Notlage wie "ein Campingwochenende" zu sehen, sprach er diesmal von einem "Augenblick großer Emotionen". Außerdem versprach er, dass er einige der 28 000 Obdachlosen in seinen Immobilien aufnehmen wolle. Der Medien-Milliardär: "Ich werde tun, was ich kann."

Beim Wiederaufbau des vom Erdbeben besonders schwer betroffenen Ortes Onna sagte auch die Bundesregierung Hilfe zu. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sicherte seinem italienischen Kollegen Franco Frattini am Telefon zu, die Rekonstruktion der Dorfkirche aus dem 18. Jahrhundert zu unterstützen. Von den knapp 300 Einwohnern Onnas kamen mindestens 50 beim Beben ums Leben.

Es gab aber auch Kritik aus Deutschland. "Das Ausmaß der Schäden hat mich erschreckt", sagt Jochen Schwarz, Leiter des Erdbeben-Zentrums an der Bauhaus-Universität Weimar. "Bei einer Stärke um 5,8 hätten die Häuser nicht so zusammenstürzen dürfen. Das hat massenhaft Fehler beim erdbebensicheren Bauen offenbart."