Marathonflieger kürzen ihre Strecken ab. Manche Weißstörche ziehen inzwischen nur noch bis Spanien.

Hamburg/Berlin. Das Wetter ist ungemütlich, die Krokusse sind kaum aufgeblüht, und doch lassen sich die ersten gefiederten Frühlingsboten sehen: Eine Vorhut der Feldlerchen und Heckenbraunellen, Stare und Störche ist eingeschwebt, um ihr Brutgeschäft vorzubereiten, und auch der Hausrotschwanz ist bereits im Anflug. Zugvögel zeigen sich zunehmend zeitiger, sie reagieren auf den Klimawandel. Manche Arten kehren bis zu elf Tage früher als noch vor einigen Jahrzehnten aus ihren Überwinterungsquartieren zurück, sagt Markus Nipkow vom Naturschutzbund (Nabu) in Berlin.

Die Frühheimkehrer überwintern in Europa, etwa der Kiebitz oder Star. In ihnen ist der Zugdrang genetisch weniger stark ausgeprägt als bei den Langstreckenziehern, sie reagieren deshalb stärker auf mildere Winter und verlängerte Vegetationszeiten, fliegen kürzere Strecken - oder bleiben gleich im Brutgebiet. Aber auch unter den Marathonfliegern macht sich Reiseunlust breit. So ziehen manche Weißstörche nicht mehr nach Afrika, sondern nur bis Spanien und sind dann zeitiger zurück in ihren Brutgebieten.

Vereinzelt überwintert Adebar sogar in Deutschland, etwa im schleswig-holsteinischen Storchendorf Bergenhusen. "Wir nennen diese Tiere Projektstörche, denn sie stammen meist aus Wiederansiedlungsprojekten und wurden in Gefangenschaft groß", so Nipkow. "Oft verpaaren sie sich mit wilden Störchen; auch dadurch ist im Zugverhalten der Weißstörche einiges durcheinandergeraten."

Als einmalig und einen "kuriosen Zufall" bezeichnete Nipkow dagegen eine Reisegemeinschaft, die vor einigen Tagen im Raum Nürnberg landete: Ein Pelikan begleitete Weißstörche aus Spanien bis nach Bayern, wird nun aber höchstens in Zoos oder auf Schlossteichen einen passenden Partner finden.

Da es in diesem Jahr einen relativ "normalen" Winter mit kälteren Temperaturen gab, sei die Vogelwelt nicht ganz so stark außer Takt geraten, wie in den Vorjahren, so Nipkow: "In den zurückliegenden Wintern versuchten manche Amseln im Januar oder Februar zu brüten." Diese Ansätze waren sicherlich verfrüht, aber sie spiegeln einen weiteren Klimaeffekt wider: Mehr Arten, etwa Blau- und Kohlmeisen, aber auch der Mauersegler, ziehen im Sommer eine zweite Brut erfolgreich groß. Sie sind Gewinner des Wandels.

Zu den Verlierern gehören Langstreckenzieher wie Gartenrotschwanz, Nachtigall oder Pirol. Sie kommen im Kampf ums Brutrevier meist zu spät, die flexibleren Heimflieger und hiesige Überwinterer haben die Schnäbel vorn. Und da auch die Insektennahrung zeitiger schlüpft, ist deren Hochsaison teils schon vorüber, wenn der Nachwuchs der Spätbrüter aufwächst.

Als Frühlingsbote gänzlich ungeeignet ist das Rotkehlchen: Zwar ist es ein Zugvogel, doch nehmen im Winter Artgenossen aus Skandinavien seinen Platz ein. Nipkow: "Derzeit mischen sich die Rückkehrer mit den skandinavischen Gästen."