Ein Kleid, der passende Mantel, ein Hut, die legendäre Handtasche - fertig ist das Queen-Outfit. Die britische Königin hat ihren eigenen Stil.

London. Im Land der exzentrischen Klamotten gibt es eigentlich nur eine wahre Exzentrikerin: Die Queen höchstpersönlich. Das jedenfalls ist die Meinung von Autorin Kate Fox. Die Logik dahinter ist bestechend: Statt sich vom Modegeschmack der Zeiten leiten zu lassen, hat die britische Königin Elizabeth II. ihren ganz eigenen. Und das schon immer. Ständig wechselnden Trends trotzt sie beharrlich - das ist echte Exzentrik.

So, wie die Queen ihrem Land Kontinuität und Stabilität verleiht, sieht sie auch aus. Wichtigste Bestandteile: überknielanges Kleid, exakt passende Jacke oder Mantel, Hut, Handschuhe und Tasche, und das alles gerne in Pastell. Oder so richtig knallig in Rot oder Violett. Perlenkette, Brosche oder andere Juwelen nicht vergessen.

„Sie trägt heute noch Sachen von mir, die ich vor Jahren gemacht habe“, sagt Karl-Ludwig Rehse, einer von drei Schneidern der Queen. Rehse ist Deutscher und stammt aus Essen. Der tadellos gekleidete ältere Herr mit dem freundlichen Lächeln hat eine geradezu märchenhafte Lebensgeschichte zu erzählen. Als junger Mann besuchte er in den 1960er Jahren London. Dort gefiel es ihm so gut, dass er unbedingt zurückwollte. Er war Herrenschneider, und fand bald eine Anstellung in einem der renommiertesten Läden für feine Mode der britischen Hauptstadt. Englisch lernte er parallel dazu.

„Ich wollte aber unbedingt in der Damenmode arbeiten“, erklärt Rehse, der nach eigenen Angaben „um die 70 Jahre alt“ ist. Dahin schaffte er es dann auch. Er arbeitete bei mehreren großen Namen, und bekam darüber schon damals Kontakte in königliche Kreise. Im März 1988 eröffnete er schließlich zusammen mit einem Partner seinen eigenen Landen im schicken Stadtteil Marylebone. Kurz danach kam die Einladung vom Palast, die Queen wollte die neue Kollektion mit eigenen Augen sehen - und engagierte Rehse und sein Team.

„Ich wurde Ihrer Majestät dann vorgestellt“, erinnert er sich. „Ich war so aufgeregt, ich glaube, ich habe gezittert.“ Die Queen aber sei so freundlich und locker gewesen, dass er sich bald entspannt habe. Bis 1996 lief alles bestens, doch dann erkrankte Rehses Geschäftspartner schwer und starb. „Ich wusste nicht, ob ich weitermachen sollte oder nicht“, erklärt er. Und dann das Unglaubliche: „Ich erhielt Nachricht, dass ich Ihre Majestät privat und vertraulich sehen sollte.“ Nur die Queen und er, in einem Raum. Was gesagt wurde, verrät er bis heute nicht. „Das hat mir einen Auftrieb gegeben, weiterzumachen.“

Mittlerweile arbeitet er seit fast 25 Jahren für die Queen, und hat neben ihr nur noch zwei, drei wichtige Kundinnen. In diesem Jahr vertritt er sogar als Präsident die sogenannten Royal-Warrant-Halter, alle Geschäftsleute, Mode- und Kosmetikmacher und Handwerker, die im Auftrag des Hofes arbeiten. Eine große Ehre, die nur wenigen Ausländern zuteil wird.

Rehses Mappe mit seinen Entwürfen für die Königin zeigt stets ähnliche Schnitte, abgeändert durch kleinste Details. Lange und halblange Kleider, Jacken, Mäntel - mal hier ein anderer Faltenschwung, dort ein neues Detail, vom Stil her aber immer ähnlich. „Der Stil der Königin ist zeitlos“, meint Rehse. Nur die Stoffe, die ändern sich. Da fängt bei Rehse auch oft ein neues Queen-Outfit an.

„Nach 24 Jahren weiß ich ungefähr, was der Queen gefallen wird“, berichtet er. So sucht er die Stoffe aus, macht Entwürfe dazu, und präsentiert das Ganze „Ihrer Majestät“, wie er die Königin auch außerhalb ihrer Hörweite nennt. „Bei manchen Stoffmustern sagt sie Nein. Aber im Großen und Ganzen ist es dasselbe, wie bei allen meinen anderen Kundinnen auch.“ Wenn der Queen einmal etwas bei der Anprobe nicht zusagt, dann ändert Rehse bereitwillig: „Da bin ich nicht so auf meinen Entwurf erpicht. Um Gottes Willen, so wichtig bin ich nicht. Was Ihre Majestät möchte, das wird gemacht.“

Der Unterschied zu anderen Damen: Die Queen muss ihre Garderobe teilweise Monate lang vorher festlegen. Für Reisen, aber auch für das anstehende 60. Thronjubiläum, wird deshalb teils bis zu ein Jahr vorher geplant.

Manchmal, sagt Rehse, kann er selber nicht glauben, dass er es vom kleinen Schneider aus Essen bis in den Palast geschafft hat. „Ich muss mich manchmal schon selber kneifen. Aber ich nehme das nie als Selbstverständlichkeit.“ An Rente denkt er nicht: „Solange Ihre Majestät mich braucht, mache ich weiter.“

Ob die Queen mit ihrem Stil die Mode anderer Menschen beeinflusst, kann er nicht sagen. Warum sie in Deutschland so beliebt ist, dazu hat er aber eine Theorie: „Ich nehme an, die Deutschen sind ein bisschen neidisch. Viele Menschen haben Ehrfurcht, dass es so etwas im 21. Jahrhundert noch gibt, einen Menschen, der so etwas darstellen kann wie Ihre Majestät.“