Die Polizei war in den vergangenen Tagen immer wieder mit Großrazzien gegen die Rockergruppe vorgegangen, zuletzt am Mittwoch in Berlin und Potsdam. Innensenator Henkel denkt an bundesweite Razzien.

Berlin. Die nächste Razzia gegen die Hells Angels: Die Polizei hat in Potsdam das Vereinsheim und Fahrzeuge des Rockerclubs durchsucht. Bei der Razzia am Mittwochabend wurden unter anderem Macheten und weitere Stichwaffen sichergestellt, wie ein Polizeisprecher auf dapd-Anfrage sagte. 21 Rocker waren zu diesem Zeitpunkt in der Bar, festgenommen wurde aber niemand.

Rund 200 Beamte aus Brandenburg und Berlin waren den Angaben zufolge an der Aktion beteiligt, die bis in die Nacht zum Donnerstag andauern sollte. Weitere Razzien in anderen Gebäuden der Hells Angels waren weder für Mittwoch noch für Donnerstag geplant, wie der Sprecher sagte.

Die Polizei war in den vergangenen Tagen immer wieder mit Großrazzien gegen die Rockergruppe vorgegangen, zuletzt am frühen Mittwochmorgen in Berlin. CDU-Innensenator Frank Henkel will das Thema nun auch auf der Innenministerkonferenz diskutieren. Gibt es bald bundesweite Razzien gegen die Hell Angels? Bei "Stern TV" forderte Henkel am Mittwochabend, dass die Länder ihre „Strukturen und Verfahren verbessern“. Man müsse im Kampf gegen die Hells Angels „auch den Versuch unternehmen, hier einheitlich vorzugehen.“

Für Ärger sorgte am Mittwoch der offensichtliche Verrat des geplanten Verbots einer Berliner Hells Angels-Vereinigung. Die Opposition fordert nachdrücklich Aufklärung. Die Polizei erstattete nach eigenen Angaben am Mittwoch Anzeige wegen Geheimnisverrats gegen Unbekannt. Aus Sicht des Innenexperten der Linken Hakan Tas müssen Innensenator Henkel und Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers dazu im parlamentarischen Innenausschuss Rede und Antwort stehen. Auch Henkel zeigte sich entsetzt darüber, dass der Einsatz gegen den Rockerclub im Vorfeld bekannt wurde.

Den anwesenden Mitgliedern des Vereinsheims in der Residenzstraße in Reinickendorf war laut Polizei die Verbotsverfügung bereits am späten Dienstagabend zugestellt worden. Darin werden dem Club unter anderem Gewalttaten, Waffendelikte und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Rund 50 Beamte sicherten zunächst das Vereinsinventar.

Am frühen Mittwochmorgen begann dann eine Großrazzia im Stadtgebiet. 550 Beamte seien im Einsatz gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Durchsucht wurden 30 Wohnungen und drei Lokale, die von Mitgliedern betrieben werden. Insgesamt wurden acht Motorräder, verschiedene Hieb- und Stichwaffen sowie Mobiliar sichergestellt. Gegen zwei Personen, die sich wehrten, wurden Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet.

Henkel hatte bereits am 24. Mai ein Verbot der Ortsgruppe „MC Berlin City“ angeordnet. Mit ihm werde ein Signal ausgesandt, „dass wir Rechtsbrüche, aus welcher Richtung auch immer, nicht dulden werden“, unterstrich der Innensenator.

Rocker lösen Anhängergruppen auf

Für den Einsatz hatte die Berliner Polizei Verstärkung aus mehreren Bundesländern erhalten. Der ursprünglich für Mittwoch geplante Großeinsatz wurde laut Polizei wegen Presseveröffentlichungen vorgezogen. Unter anderen hatte „Spiegel Online“ berichtet, dass die Polizei plane, am Mittwochmorgen Vereinsheime, Kneipen und Privatwohnungen von Rockerclubs zu durchsuchen.

Um dem zu entgehen, hatte es zuvor einen Wechsel innerhalb der Rockerszene gegeben. Wie die Brandenburger Polizei bestätigte, löste sich das verbotsgefährdete Chapter der Bandidos „Southside“ nach einer Abschlussparty auf, um sich danach teilweise den Hells Angels in Potsdam anzuschließen. Brandenburg ist nach Darstellung von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) für Berliner Rocker jedoch seit langem „ein ungemütliches Pflaster“.

Henkel fordert Aufklärung

Unterdessen forderte Henkel mit Blick auf die undichte Stelle in der Polizei Koppers auf, die Umstände der Einsatzplanung und die Durchführung zu prüfen sowie Konsequenzen zu ziehen. „Die Weitergabe von Informationen im Vorfeld von Einsätzen gefährdet den Einsatzerfolg und schlimmstenfalls auch das Leben der eingesetzten Polizeibeamten“, unterstrich er.

Aufklärung forderte auch die Polizeigewerkschaft GdP. Ein möglicher Maulwurf in den Reihen der Polizei müsste „mit aller Härte des Gesetzes bestraft werden“, sagte Landesgeschäftsführer Klaus Eisenreich der Nachrichtenagentur dapd.

Bereits im März war am Berliner Landgericht ein 24-jähriger Polizeianwärter wegen Verrats von Dienstgeheimnissen zu elf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Grund: Er hatte einen mitangeklagten Freund des Motorradclubs Hells Angels per SMS vor polizeilichen Durchsuchungen gewarnt.

Mit Material von dapd