Das Verfahren war geprägt von technischen Fragen. Vor zehn Jahren war das Überschallflugzeug der Air France in Brand geraten, 99 deutsche Urlauber starben.

Pontoise. Vier Monate lang hat sich ein Gericht in der Pariser Vorstadt Pontoise mit der Frage befasst, wer die Schuld an der Concorde-Katastrophe vor zehn Jahren trägt. Das Überschallflugzeug der Luftfahrtgesellschaft Air France war wenige Kilometer nach dem Start in Brand geraten und abgestürzt, 113 Menschen waren auf der Stelle tot, unter ihnen 99 deutsche Urlauber. Auslöser des Unglücks ist laut Staatsanwaltschaft Schlamperei und eine Verkettung unglücklicher Umstände. Aber die Ankläger kratzen auch am Mythos Concorde, weil das Überschallflugzeug unter bekannten Konstruktionsmängeln litt, die über Jahre nicht beseitigt wurden.

Das Verfahren war geprägt von technischen Fragen, frühere Concorde-Piloten, Sachverständige und Gutachter versuchten an dutzenden langen Verhandlungstagen zu klären, wie es zu dem Absturz kam, der das Ende des Überschallflugzeuges einläutete. Einhundert Fluggäste, fast alle Urlauber auf dem Weg zu einer Karibik-Kreuzfahrt, neun Besatzungsmitglieder und vier Menschen am Boden starben, als die Maschine am 25. Juli 2000 brennend in ein Hotel bei Paris stürzte.

Als Nebenkläger traten in dem Prozess neben der Concorde-Betreiberin Air France auch eine Handvoll Hinterbliebene auf. Die Angehörigen der deutschen Urlauber blieben dem Verfahren fern. Sie hatten im Gegenzug für ein Schmerzensgeld im Jahr nach der Katastrophe auf weitere Forderungen verzichtet und versprachen sich von technischen Detailfragen offenbar nicht mehr viel.

Für die Anklagevertreter ist die US-Fluggesellschaft Continental Airlines für das Unglück unmittelbar verantwortlich. Demnach wurde es durch ein Ersatzteil ausgelöst, das eine DC10 der US-Fluglinie kurz vor dem Abheben der Concorde auf der Startbahn verloren hatte. Die Lamelle aus Titan zerschnitt einen Reifen des Überschallflugzeuges; durch herumfliegende Teile wurde daraufhin ein Treibstofftank der Concorde beschädigt, der sich entzündete.

Continental Airlines dagegen beharrt darauf, dass die Concorde an jenem 25. Juli 2000 schon gebrannt habe, bevor sie über das Metallteil gerollt sei. Zwei Dutzend Augenzeugen am Hauptstadtflughafen Charles de Gaulle sollen dies ausgesagt haben, macht Starverteidiger Olivier Metzner geltend, unter ihnen auch Feuerwehrleute und Piloten. „Aber man hat ihnen kein Gehör geschenkt.“

Die Verteidigung verweist außerdem darauf, dass es schon vor der Katastrophe ähnliche Vorfälle mit der Concorde gegeben habe. Daran besteht kein Zweifel, weshalb auch Ingenieure des Flugzeugbauers Aérospatiale und ein Vertreter der französischen Luftfahrtaufsicht DGAC angeklagt waren. Sie sollen nicht energisch genug dafür gesorgt haben, dass die Probleme beseitigt und etwa die Treibstofftanks der Maschine verstärkt wurden.

Die Staatsanwaltschaft fordert eine Geldstrafe von 175.000 Euro für Continental Airlines sowie eine 18-monatige Bewährungsstrafe für einen Mechaniker der US-Gesellschaft und seinen Vorgesetzten. Der „Vater“ der Concorde, der 80-jährige Henri Perrier, soll mit zwei Jahren auf Bewährung dafür bestraft werden, dass er in seinen 16 Jahren bei Aérospatiale nichts gegen die bekannten Probleme des Flugzeugs unternahm. Für einen weiteren Aérospatiale-Mitarbeiter verlangten die Ankläger Freispruch ebenso wie für den Vertreter der Luftfahrtaufsicht, der laut seinem Anwalt nicht für die Concorde zuständig war. Das Urteil wird Ende des Jahres erwartet.