Er wollte zwei Frauen beistehen, die von Männern bedrängt wurden. Darum wurde Emeka Okoronkwo in Frankfurt am Main erstochen.

Frankfurt/Main. Die Zivilcourage eines jungen Nigerianers erinnert in Frankfurt viele an Dominik Brunner. Auch er starb, weil er bedrängten Menschen helfen wollte.

Als Emeka Okoronkwo am frühen Sonntagmorgen den Salsa-Club im Frankfurter Bahnhofsviertel verlässt, kommt er mit zwei Frauen ins Gespräch. Eine 29-Jährige Deutsche mit sudanesischen Wurzeln und ihre 43 Jahre alte deutsche Freundin haben zuvor auch in der bekannten Disco in der Münchener Straße getanzt. Zwei Eritreer (26, 34), die zufällig vorbei kommen, machen die Frauen mit obszönen Worten in ihrer Sprache an. Die Jüngere antwortet auf Deutsch, sie sollen sie in Ruhe lassen und wird angespuckt. Da mischt sich Emeka ein, einer der beiden Männer spuckt auch ihm ins Gesicht.

Es kommt zu einem Handgemenge zwischen den drei Männern, in dessen Verlauf der 34-Jährige dem 21-Jährigen mit einem Stich ins Herz tödlich verletzt. Soweit erste Ermittlungen. Emeka stirbt Stunden später im Krankenhaus. Die Täter rennen weg, können aber vier Tage später in ihren Wohnungen in Dreieich und in Frankfurt-Schwanheim geschnappt werden. Der 34 Jahre alte Haupttäter gibt in der Vernehmung zu, Emeka mit dem Messer verletzt zu haben, beruft sich aber nach Angaben von Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu auf Notwehr. Sie geht von Vorsatz aus.

Ein zunächst unbekannter Zeuge der Tat hatte die Ermittler mit einem Anruf auf die Spur der beiden Eritreer gebracht. Zuvor hatte die Veröffentlichung der Phantombilder der beiden keine heiße Spur ergeben. Die Tatwaffe, das Messer, blieb zunächst verschwunden.

Bis den Frankfurtern bewusst wurde, was da am 2. Mai gegen 6.40 Uhr im berüchtigten Bahnhofsviertel ihrer Stadt passiert ist, brauchte es etwas Zeit. Am Mittwochabend tragen Freunde von Emeka Blumen und Kerzen in einem Trauerzug durch die Innenstadt in das Viertel, das wegen Drogen, Prostitution und Kriminalität verschrien ist. Der stellvertretende SPD-Chef der fünftgrößten deutschen Stadt, Eugen Emmerling, fordert am Donnerstag in einem Brief an Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), Emeka posthum mit der Verleihung einer Bürgermedaille für seine Zivilcourage zu ehren.

„Er hat auf einer Frankfurter Straße mit seinem Leben dafür bezahlt, dass er mutig einen Streit schlichten wollte“, schreibt Emmerling. „Emeka Okoronkwo hat ein Zeichen „gegen die Unkultur des Wegschauens in Notlagen“ gesetzt.“ Es sei tragisch, „dass immer wieder Menschen, die Prävention ernst nehmen, mit ihrem Leben dafür bezahlen müssen (...) Das gilt für Emeka Okoronkwo in Frankfurt ebenso wie für Dominik Brunner in München“, meinte er mit Anspielung auf den Manager, der sich im September 2009 schützend vor bedrohte Kinder gestellt hatte und deswegen ums Leben kam.

Schock und Fassungslosigkeit auch beim Kolping-Haus in Frankfurt. Rund 100 Auszubildende leben dort, und rund 130 andere machen dort eine außerbetriebliche Lehre. „Emeka gehörte zu den ganz wenigen, die hier gearbeitet und gewohnt haben“, sagt der Geschäftsführer des Kolping-Hauses, Arnold Tomaschek. „Die Jugendlichen sind zum Teil sehr schockiert und verängstigt.“ Seit Januar 2009 hatte Emeka dort eine außerbetriebliche Ausbildung zum Restaurantfachmann gemacht.

„Dazu gehören auch Praktika. Er hat eins im Ibis-Hotel gemacht und war so gut, dass sie ihn im Sommer übernommen hätten“, berichtet Psychologin Sania Zayan, die Emeka seit etwa einem dreiviertel Jahr kannte. Emeka hätte eine Lehre als Koch begonnen, sein Ziel sei es gewesen, einmal in einem großen Hotel zu arbeiten.

„Das war ein anständiger Mensch. Er hat sich eingesetzt und an seine Zukunft geglaubt“, sagt Zayan. Emeka sei zwar eigensinnig gewesen und habe daher gerne diskutiert. Aber keinesfalls sei er ein Schläger-Typ oder gar gefährlich gewesen. Weder Alkohol habe er getrunken noch geraucht oder gar Drogen genommen. Auch der Polizei war der junge Mann, der mit acht Jahren nach Deutschland kam, bisher nie aufgefallen, wie Polizeisprecher Alexander Kießling sagt. Emekas Mutter lebt in Langen, wo der Nigerianer am 17. Mai im Rahmen einer großen Trauerfeier beigesetzt werden soll.