Wieder schwerer Zwischenfall bei einer Gedenkfeier in den Niederlanden. Beatrix selbst versuchte die Menge zu beruhigen

Amsterdam. Das Ereignis wird wie auch immer in die niederländische Geschichte eingehen. Noch nie hatte sich jemand getraut, den 4. Mai, gewidmet den Opfern des Zweiten Weltkriegs, auf so spektakuläre Art und Weise zu stören. An diesem Tag findet traditionellerweise auf dem Platz Dam, vor dem Stadtpalast von Königin Beatrix, 72, in Amsterdam und dem Denkmal für die Opfer des Zweiten Weltkriegs, ein Gedenken statt - inklusive mehrerer Schweigeminuten.

Dieses Mal durchbrach ein "Mann mit Hut, langer schwarzer Jacke und Bart" das Schweigen. Augenzeugen beschrieben ihn als "orthodoxen Juden". Er rief in der Stille etwas von einer Bombe, die Masse brach in Panik aus, lief auseinander und 63 Menschen mussten am Ende medizinisch behandelt werden. Sie hatten Knochenbrüche, Quetschungen und Schnittwunden. Der Platz vor dem Palast der Königin ist etwas uneben gepflastert und wirklich nicht geeignet für eine derartige Massenflucht.

Der 39 Jahre alte Verdächtige ist laut Amsterdams Polizeichef Bernard Welten ein alter Bekannter der Justiz. Er habe verschiedenste Delikte wie Gewalt, Diebstahl, Drogenhandel und Drogenbesitz auf seinem Kerbholz. Bis morgen bleibt er zunächst in Polizeigewahrsam. Ein Psychiater soll ihn untersuchen. Welten stand keine 40 Meter von dem Störer entfernt.

Für Königin Beatrix ist der Vorfall neuerlich ein harter Schlag. Vor einem Jahr erst, am 30. April 2009, hatte ein Mann in Apeldoorn versucht, mit seinem Auto ein Attentat zu verüben, sieben Menschen starben. Der 30. April ist wie der 4. Mai (Totengedenktag) und der 5. Mai (Freiheitstag) von nationaler Wichtigkeit. Vier Millionen Menschen sahen am Dienstag im Fernsehen zu, das wären umgerechnet auf die Bevölkerung in Deutschland 20 Millionen.

Sie sahen Menschen in Panik weglaufen, Absperrungen umreißen, stürzen, "umfallen wie Dominosteine", wie es eine Betroffene formulierte. Sie sahen, wie Polizisten den Verursacher der Panik überwältigten. Und wie Königin Beatrix samt Thronfolger Willem-Alexander, 43, von Leibwächtern rasch in Sicherheit gebracht wurde. Wenig später kehrte Beatrix zurück und half, die Menschen zu beruhigen. Die Monarchin hat schon nach dem Anschlag 2009 ihr wahres Gesicht gezeigt, das Gesicht einer Frau, die derlei Ereignisse nicht einfach an sich vorbeigehen lässt. Das Gesicht einer Frau, die sich Sorgen um ihr Land macht.

Sie soll zögern, den Thron an ihren Sohn zu übergeben - denn rund um die vorgezogenen Neuwahlen am 9. Juni gibt es eine bedrohliche Instabilität in der Politik von Rechts. Das sorgt für Unruhe. Weitere Unruhe durch solche Vorfälle können dem Land nur schaden.