Hamburg. Von der Oberliga Hamburg in die Bezirksliga in nur zwei Jahren. Wer trägt die Schuld am Absturz?

Jörg Frankes (64) Haltung ist eindeutig. „Es ist gut, dass Präsident Jens Malcharczik nicht mehr verantwortlich für die Ligamannschaft des Meiendorfer SV ist. Es passte nicht mehr“, sagt er. Franke ist seit zwei Monaten Sportlicher Leiter des von der Oberliga Hamburg bis in die Bezirksliga durchgereichten Traditionsclubs. Vor zwei Jahrzehnten war er beim MSV in dieser Position schon zweieinhalb Jahre tätig. Da zauberte das „gelb-schwarze Ballett“ in der Oberliga Nord, etablierte sich danach in der Oberliga Hamburg.

Präsident Malcharczik gilt bei vielen als Hauptschuldiger

Vom diesem Glanz ist nichts übrig. Acht Punkte in der Oberligasaison 2021/22, null Zähler in dieser Spielzeit. Wie kann ein Team in diesem hervorragendem Umfeld, zu dem die schöne Flens Arena, ein Kunstrasenplatz und zwei Clubhäuser gehören, so abstürzen? Viele sehen Präsident Malcharczik (57), bis November 2022 auch Manager der Ligamannschaft, als Hauptschuldigen. Nach der Übernahme der Fußball-Abteilungsleitung durch Ervin Kasa (40) machte sich daher eine Gruppe alteingesessener Meiendorfer um Ex-Präsident Fritz Helms, Frank Stolina und Peter Sander für Franke stark.

Die Liste der Vorwürfe gegen Malcharczik ist lang. Der erste große Knall erfolgte am 15. Dezember 2019. „Viele Spieler erhalten ihr Geld nicht“, kritisierte MSV-Kapitän Michael Sara (32) öffentlich. Unter dem Vorwand, die Spieler würden falsche Kilometerabrechnungen vorlegen, würde Malcharczik die Akteure um Teile ihres Lohns bringen. Zudem hätten Spieler verletzt zum Training erscheinen müssen. Malcharczik habe das Team auf dem Gelände sogar per Kamera überwacht.

Spieler drohten vor Pokalbegegnung mit Streik

Einen Tag vor der Veröffentlichung von Saras Rundumschlag wäre der Meiendorfer SV im Pokalspiel gegen Regionalligist Eintracht Norderstedt (0:5) fast nicht angetreten. Die Spieler zwangen Malcharczik vor dem Spiel unter Streikdrohung, eine Abmachung zu finanziellen Verpflichtungen zu unterschreiben. Am 17. Dezember ging Sara, am 21. Dezember Trainer Baris Saglam (37). Sie blieben nicht die Einzigen.

„Jens Malcharczik ist ein wirklich liebenswerter Mensch und engagiert sich sehr für den Meiendorfer SV. In unseren ersten eineinhalb erfolgreichen Jahren war er absolut top. Ich würde ihm für diese Zeit zehn von zehn Punkten geben. Leider nahmen ab Winter 2018 die Reibungspunkte mit ihm zu“, sagt Saglam.

Ex-Trainer beklagt ständigen Ärger um Geldzahlungen

Diese Reibungspunkte hat auch Gökhan Acar erlebt (41). Der Ex-MSV-Trainer musste seinen Rücktritt im September 2021 entnervt selbst bestätigen. Malcharczik verschickte trotz Ankündigung keine Pressemitteilung. „Ich habe im zweiten Jahr beim Meiendorfer SV relativ früh aufgehört, weil das Drumherum nichts mit Oberliga zu tun hatte“, sagt Acar. „Wir hatten keinen Zeugwart und keinen Betreuer. Ständig gab es Ärger um fehlende Auszahlungen von Geldern für die Spieler. Ich bin ein Trainer, der sich für seine Jungs einsetzt, kam aber mit Jens Malcharczik gar nicht mehr klar. Er war schwierig zu erreichen, und wenn es zu Gesprächen kam, ließ er kaum mit sich reden.“ Saglam und Acar betonen dabei noch heute, dem MSV jeden sportlichen Erfolg zu wünschen.

Was aber sagt Malcharczik? Zunächst dies: „Der Meiendorfer SV ist seinen vertragsgemäßen Verpflichtungen stets einhundertprozentig nachgekommen. Zu diesem Punkt zählt auch, dass wir immer alles korrekt bezahlt und abgerechnet haben.“

Präsident Malcharczik weist alle Vorwürfe zurück

Unnahbar sei er gegenüber Trainern und Spielern nie gewesen, sondern „gut erreichbar“. Die Gesamtverantwortung für die von der sportlichen Leistung zusammengestellte Mannschaft habe er, „weil ich als Präsident die Verträge mit Spielern und Trainern unterschrieben habe“. Aber: „Unsere Mannschaft in der Saison 2021/22 hätte von der Qualität her niemals absteigen müssen.“ Auch die übrigen Vorwürfe seien falsch.

Diese Saison habe sein Rückzug als Hauptsponsor und der Abgang weiterer Sponsoren durch die Corona-Krise zum Abstieg geführt. Und sein zu langes Festhalten an Trainer Hakan Yavuz. Sein Rücktritt als Manager? Eine Erlösung.

„Seit ich nicht mehr für die Ligamannschaft verantwortlich bin, bin ich ein neuer Mensch. Ich habe vorher oft sehr schlecht geschlafen. Niemand will absteigen. Ich wollte das auch nicht, sondern stets das Beste für die Ligamannschaft. Ich bleibe ihr emotional verbunden, werde bei jedem Heimspiel dabei sein, drücke den sportlich Verantwortlichen die Daumen. Die, die im Hintergrund oft gemeckert haben, können sich ja nun gerne finanziell einbringen“, sagt Malcharczik.

Meiendorf will sich jetzt in der Bezirksliga konsolidieren

Wie das wohl der wieder ins Leben gerufene MSV-Förderkreis „Die Loge“ aufnimmt? „Bei meiner Antrittsrede waren 18 Leute aus der Loge dabei“, sagt Manager Franke erfreut. „Die Loge“ hatte sich mit Malcharczik überworfen. Auch der Ur-Meiendorfer und langjährige Sponsor Harry Gigar (68) ging. Nun heißt es, er kehre zurück. „Wir wollen“, gibt Franke als Nahziel aus, „jetzt eine stabile Bezirksligasaison spielen. Die Leute sollen merken: In Meiendorf, da geht wieder etwas.“