Hermann Seiffart, ehemaliger Präsident des Hamburger Leichtathletikverbandes, trat nach neuen Erkenntnissen der Hitler-Partei schon im Jahr 1927 bei.

Hamburg. Auf der Hermann-Seiffart-Sportanlage an der Bahrenfelder Baurstraße stehen große Umwälzungen bevor. Vier Kunstrasenplätze und ein kleinerer Trainingsplatz sollen dort 2014 entstehen. Der Baubeginn ist für Ende dieses Jahres terminiert. Das Sportzentrum, das künftig der Bahrenfelder SV und die Fußballjugend von Altona 93 gemeinsam nutzen werden, wird dann in Baurpark umbenannt. Dafür gibt es inzwischen einen triftigen Grund - der bislang unbekannt war.

Hermann Seiffart, Jahrgang 1900, vor und nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu seinem Tod 1968 Vorsitzender des Hamburger Leichtathletik-Verbandes (HLV) und für dessen erfolgreichen Wiederaufbau mit verantwortlich, war Mitglied der NSDAP. Er trat schon 1927 der Hitler-Partei bei, kandidierte für sie 1928 auf Listenplatz zwei für die Hamburgische Bürgerschaft. Nach seinem zwischenzeitlichen Rauswurf wurde der Handelsschullehrer am 1. Mai 1933 von den Nazis wieder aufgenommen. Bei seinem Entnazifizierungsverfahren hatte Seiffart 1945 seine frühe NSDAP-Mitgliedschaft verschwiegen. Er wurde deshalb später nicht verbeamtet.

Leichtathlet Paul Busse, 74, der ehemalige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete, hat jetzt bei Recherchen im Berliner Bundesarchiv dieses Belastungsmaterial gefunden und ausgewertet. Den ersten Hinweis zu Seiffarts brauner Vergangenheit hatte vor zwei Jahren Rainer Hansen vom Sportamt geliefert.

Die CDU Altona fordert nun die "sofortige Umbenennung" der Sportanlage. Sven Hielscher, Sprecher der CDU-Bezirksfraktion, geht noch einen Schritt weiter: "Der Hamburger Fußball-Verband sollte bei seinen Einladungen zu Spielen auf diesen Plätzen ab sofort den Namen Hermann Seiffart nicht mehr benutzen." Der Bahrenfelder SV will auf seiner nächsten Vorstandssitzung Anfang Juli beraten, "ob wir beim Bezirks- oder Sportamt die sofortige Umbenennung der Anlage beantragen wollen", sagte der Vorsitzende Martin Kawohl dem Abendblatt.

Auch HLV-Preis nach Seiffart benannt

Auch der HLV hat Entscheidungsbedarf. Seit 1971 verleiht er erfolgreichen Sportlern den Hermann-Seiffart-Gedächtnispreis. In diesem Jahr erhielt ihn der Weitspringer Nils Winter. "Wir wissen seit gut einem Jahr von dieser Problematik", sagt HLV-Präsident Wolfgang Müller-Kallweit. Damals hatte das Präsidium beschlossen, "bei weiteren Erkenntnissen diesen Preis nicht mehr zu vergeben". Der Fall ist nun eingetreten. Müller-Kallweit: "Wir werden das neue Material bewerten und dann zu einem Entschluss kommen."

Bereits eine andere Auszeichnung des Hamburger Sports war aufgrund der Nazi-Vergangenheit seines Namensgebers umtituliert worden. Aus dem Gerhard-Stöck-Preis wurde 2007 der Ehrenpreis der Behörde für Inneres und Sport. Stöck, Speerwurf-Olympiasieger 1936 und von 1950 an Sportamtsleiter in Hamburg, hatte sich nach dem Krieg als "Gegner des nationalsozialistischen Zwanges" präsentiert, sein Eintritt in die NSDAP und die SA sei "erzwungen gewesen". Nur durch diese "Lügengeschichten" sei sein Wiederaufstieg möglich geworden, fanden die Autoren Paul und Peter Busse heraus. Als Vorbild tauge er nicht - wie Seiffart.

Die Aufarbeitung ihrer Geschichte fällt den meisten Sportvereinen und -verbänden weiter schwer. Der HSV hatte sich vor sechs Jahren in einer bemerkenswerten Sonderaustellung in seinem Museum mit der "Raute unter dem Hakenkreuz" beschäftigt. Der Eimsbütteler Turnverband ließ unter dem Druck historischer Erkenntnisse 2007 seine Sporthalle in der Bundesstraße umbenennen, vier Jahre später die Fußballplätze gegenüber. Sie trugen zuvor die Namen von Robert Finn und Julius Sparbier, zwei überzeugten Anhängern des Nationalsozialismus.

Der FC St. Pauli hatte seine Geschichte als erster Hamburger Club umgeschrieben. 1998 beschlossen die Mitglieder, aus dem Wilhelm-Koch- das Millerntor-Stadion zu machen. Koch war 36 Jahre lang Präsident des Vereins. 1937 trat er der NSDAP bei. Über seine politischen Aktivitäten ist nichts bekannt, in seiner Akte im Bundesarchiv liegt nur das Anmeldeformular. Selbst die Übernahme eines jüdischen Handelshauses durch Koch und seinen Geschäftspartner Hugo Scharff werteten der Historiker Frank Bajohr und der Rechtsanwalt Hans Grutschus als nicht anstößig. Die Mehrheit der St. Paulianer stellte dennoch klar: Gebäude des Vereins dürfen nicht den Namen eines NSDAP-Mitglieds tragen.