Hockey-Nationaltorhüter Nicolas Jacobi spielt bis Februar in Indiens neuer Profiliga und berichtet regelmäßig über seine Erfahrungen.

Hockey-Nationaltorhüter Nicolas Jacobi vom Uhlenhorster HC spielt in diesem Winter vom 14. Januar bis 10. Februar in der neu gegründeten Profiliga Hockey India League (HIL) für die Delhi Waveriders. Für abendblatt.de beschreibt der 25-Jährige seine Eindrücke in einem Tagebuch.

Warum Indien als Land der Gegensätze bezeichnet wird, in dem die Kluft zwischen Arm und Reich so groß ist wie sonst nirgendwo auf der Welt, das konnte ich heute erleben. Wir waren zum Mittagessen zu einem Empfang bei Manpreet Singh Chadha eingeladen. Das ist unser Teambesitzer, seiner Familie gehört die Wave Group, die unserem Team den Namen gibt. Mister Chadha hatte die gesamte Mannschaft und alle Topmanager aus seinem Unternehmen auf sein Anwesen gebeten, das rund eine Stunde Fahrt außerhalb von Delhi liegt.

Dieses Anwesen ist von einem 20 Meter hohen Zaun gesichert. Auf dem Gelände stehen ungefähr zehn Villen verschiedener Größe, wobei allein das Poolhaus so groß ist wie das Wohnhaus meiner Eltern. Um Mister Chadhas Villa zu erreichen, muss man drei gesicherte Tore passieren. Ich habe noch nie in meinem Leben einen solchen Reichtum erlebt, und ich glaube auch nicht, dass es in Deutschland vergleichbare Anwesen gibt. Das Krasseste ist aber, dass direkt außerhalb des Geländes die Slums beginnen, wo Menschen auf der Straße hausen. Dieser Kontrast ist wirklich sehr beeindruckend – und bedrückend.

Wir hatten zum ersten Mal unsere maßgeschneiderten Ausgehanzüge an, in denen wir ein bisschen so aussehen wie Kapitäne einer asiatischen Fluggesellschaft. Zum Essen wurde uns ein feines indisches Büffet serviert, mit diversen Currys, Lamm und Hähnchen, aber alles, so sagte Mister Chadha, so schwach gewürzt, dass auch wir Europäer es essen konnten. Und das stimmte, besonders scharf war es nicht. Dafür aber sehr lecker.

Überhaupt komme ich mit dem Essen hier bislang sehr gut klar. Natürlich beachte ich die Vorsichtsmaßnahmen, die nötig sind, um sich keine Durchfallerkrankung zu holen. Ich esse nur gut durchgegarte Speisen, keinen Salat, kein Obst. Ich trinke auch keine Elektrolytgetränke, da diese mit Leitungswasser angemischt werden, sondern nur Wasser aus geschlossenen Flaschen. Zum Essen gibt es auch mal eine Cola, aber immer ohne Eiswürfel.

Wir nehmen fast jede Mahlzeit in unserem Hotel ein. Das Frühstück ist sehr ordentlich, es gibt ein kontinentales Büffet mit vielem, was wir Europäer gewohnt sind. Mittag- und Abendessen wird ebenfalls in Büffetform angeboten, und das ist so reichhaltig, dass man jeden Tag etwas anderes probieren kann. Natürlich sind die Gerichte reislastig, es gibt aber auch chinesische Nudeln, dazu diverse Fleischsorten. Und ich bin besonders vom Nachtisch-Angebot fasziniert, das so üppig ist, dass ich leider nur selten daran vorbeikomme. Gestern Abend haben wir uns dann in einer Pizzeria nahe des Hotels zur Abwechslung eine Pizza gegönnt, die auch absolut okay war.

Bevor der Eindruck entsteht, dass ich hier nur am Fressen bin, komme ich noch kurz zum Sportlichen. Heute haben wir wegen der Essenseinladung nur abends trainiert, und weil unser Stadion bereits für das Saisoneröffnungsspiel am Montag hergerichtet wird, haben wir auf dem Nebenplatz trainiert. Allerdings sind mittlerweile bei jeder Einheit Kamerateams und Reporter von Zeitungen vor Ort. Gestern gab es eine Pressekonferenz, auf der die Starspieler des Teams vorgestellt wurden. Mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich sind die beiden ausländischen „Stars“, dazu kommen noch drei Inder. Es wurden Fotos von uns gemacht, die als riesengroße Poster in der ganzen Stadt ausgehängt werden. Man spürt, dass langsam die Begeisterung und das Interesse wachsen.

Gestern Abend hatten wir unser erstes Trainingsspiel gegen eine Regionalauswahl des Bundesstaates Punjab. Wir haben 4:2 gewonnen und phasenweise schon richtig ordentlich gespielt. Ich habe mich mit meinem Ersatzmann Pirmin Blaak abgewechselt, allerdings hat unser Coach mir signalisiert, dass ich die Nummer eins bin und die meisten Spiele machen werde. Morgen spielen wir noch einmal gegen die gleiche Mannschaft, es ist unsere Generalprobe, bevor es am Montag gegen die Jaypee Punjab Warriors in der Liga ernst wird. Ich bin gespannt, ob wir morgen schon eine Weiterentwicklung zeigen können. Jetzt freue ich mich aber auf mein Bett – und hoffe, dass mein UHC gleich das Lokalderby beim HTHC gewinnt. Alles Gute, Euer Nico!