Universum-Chef Klaus-Peter Kohl spricht im Abendblatt-Interview über die Zukunft des Hamburger Boxstalls und seine hoffnungsvollsten Kämpfer.

Hamburg. Monatelang hatte er geschwiegen. Man arbeite im Verborgenen und überlasse das Reden den besserwissenden Kritikern, das hatte Universum-Chef Klaus-Peter Kohl geantwortet, wenn er um Statements zur Zukunft seines 1984 gegründeten Erfolgsstalls gebeten wurde. Nach dem Kampfabend im Gym an der Walddörferstraße in Hamburg-Wandsbek stellte sich der 66-Jährige dann aber doch den Fragen der Reporter.

Herr Kohl, im Juli läuft der Mietvertrag für das Gym aus. War das die letzte Veranstaltung, die die Fans hier erlebt haben?

Klaus-Peter Kohl: Vielleicht machen wir noch eine, aber das ist unsicher. Deshalb bin ich sicherlich auch wehmütig. Hier steckt sehr viel Herzblut drin, hier wurden so viele Champions gemacht. Aber wir müssen moderner werden, uns der Zeit anpassen. Das ist hier nicht mehr möglich. Wir zahlen monatlich 15.000 Euro Miete, und hier ist seit Jahren nicht mehr investiert worden. Deshalb müssen wir umziehen.

Können Sie schon sagen, wo es hingehen soll?

Kohl: Nein, das wird hoffentlich in ein paar Wochen feststehen. Aber wir haben interessante Möglichkeiten und werden etwas machen, das die Fragen aller, die jetzt nicht verstehen, warum wir umziehen, beantworten wird.

Fest steht also, dass es mit Universum auf Sicht weitergeht? Ansonsten bräuchten Sie kein neues Gym.

Kohl: Ja, es wird weitergehen, auch wenn wir noch nicht mit Gewissheit sagen können, wie. Aber schauen Sie: Wir haben am 9. April mit Marcos Maidana einen Hauptkampf in Las Vegas, am 21. Mai in London einen Hauptkampf mit Jürgen Brähmer, und am 4. Juni einen Hauptkampf in Los Angeles mit Sebastian Zbik.Wenn man solche Kämpfe machen kann, dann stellt sich doch die Frage nicht, ob es weitergeht.

Allerdings müssen sich Ihre Weltmeister nun im Ausland bewähren, weil in Deutschland kein TV-Sender mehr bereit ist, die Summen zu zahlen, die Sie aufrufen.

Kohl: Ja, das stimmt, in Deutschland ist derzeit kein TV-Partner bereit, zu unseren Konditionen mit uns zu arbeiten. Das nehmen wir hin und konzentrieren uns stattdessen auf den internationalen Markt. Wir haben immer gesagt, dass wir dahin gehen, wo man Geld verdienen kann. Als das in Deutschland möglich war, waren wir hier. Jetzt gehen wir ins Ausland. Dort verdienen Brähmer und Zbik Börsen, die wir hier nicht generieren können. Damit sind alle zufrieden. Man muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein, darauf kommt es an.

Was passiert, wenn Ihre Sportler im Ausland ihre Titel verlieren?

Kohl: Wir müssen Kämpfe gewinnen, das ist kein Geheimnis. Wenn Bayern München alle Spiele verliert, steigen die auch ab. Aber wenn wir gewinnen, dann ist die Chance gut, dass unser neues Konzept greift und wir etwas schaffen, was es auf der Welt noch nie gab.

Zunächst haben Sie allerdings diverse Sportler abgegeben. Zuletzt verloren Sie sogar Ihre deutschen Toptalente Susi Kentikian und Jack Culcay an Ulf Steinforth. Wie wollen Sie diesen Ausverkauf stoppen?

Kohl: Das ist kein Ausverkauf. Hätte ich einen Ausverkauf machen wollen, hätte ich das vor zwei Jahren gemacht. Wir haben jetzt noch zwölf Sportler unter Vertrag, das ist eine sehr gute Größe, um unser neues Konzept umzusetzen. Wir geben niemanden ab, auf den wir im neuen Konzept bauen. Wir brauchen die Boxer, die auch international gefragt sind. Wir haben Susi und Jack auch nicht verloren, sondern ziehen lassen. Das lag daran, dass wir keinem unserer Sportler Steine in den Weg legen wollen. Sie sind für den deutschen Markt interessant, wir können ihnen aber derzeit keine Plattform bieten. Ulf kann das, für ihn und für die Sportler ist es eine tolle Chance, deshalb haben wir uns gemeinsam zu diesem Schritt entschieden.

Das Gerücht, Steinforth sei ein Strohmann von Universum und die Sportler würden nur bei ihm geparkt...

Kohl: ...das ist Unsinn. Wir hatten immer ein gutes Verhältnis zu Ulf. Interesse an unseren Sportlern hatten viele, aber er hat den Weg eingehalten, offen mit uns darüber zu sprechen. Er hat sich diese Chance verdient und wird sie nutzen.

Welche Sportler sind es denn, auf die Sie noch bauen? Was ist zum Beispiel mit Denis Boytsov und Ruslan Chagaev?

Kohl: Denis hat seine Handoperationen gut auskuriert. Er soll im Mai oder Juni wieder boxen. Für mich ist er der Mann mit der größten Perspektive für die Zeit, wenn die Klitschkos nicht mehr da sind. Er ist mental unheimlich stabil, hat keine Angst, vor niemandem. Er wollte sogar mit einer Hand gegen jeden antreten. Ruslan ist weiterhin Pflichtherausforderer bei der WBA für Weltmeister David Haye. Ich bin gespannt, wie die WBA es begründet, dass Haye zur Titelvereinigung gegen Wladimir Klitschko antreten darf. Wir werden das nicht einfach so hinnehmen.

Es heißt doch immer, Titelvereinigungen gingen vor.

Kohl: Aber nicht, wenn man, wie die WBA es getan hat, einen Eliminator ansetzt. Ruslan hat den geboxt, ich habe dafür bezahlt, da können wir wohl verlangen, dass man respektvoll mit uns umgeht. Haye hätte bis Ende April die Pflicht machen müssen. Dem wird er nicht nachkommen. Ich denke, nun wird ein Gericht entscheiden müssen, was uns zusteht.

Wie hat Ihnen Alexander Dimitrenko gegen Sosnowski gefallen, und wann ist er ein WM-Kandidat?

Kohl: Sascha hat es sich wieder einmal selbst schwer gemacht, weil er verkrampft ist. Es ist bei ihm eine mentale Sache. Aber ich bin überzeugt, dass der tolle Knockout zum Schluss eine Blockade gelöst hat. Er hat sich durchgekämpft, das wird ihn richtig nach vorn bringen. Er hat die Selbstsicherheit gefunden, die es braucht, um ganz nach oben zu kommen. Und wenn man gesehen hat, welch ein Repertoire an Schlägen er drauf hat, dann kann man erahnen, wie groß das Potenzial ist, wenn Saschas Kopf frei ist.

Was steht für ihn als nächstes an?

Kohl: Das kann ich noch nicht sagen. Wir können jetzt eine freiwillige Titelvereinigung machen. Wir werden gucken, was sich bietet.

Was ist mit der letzten verbliebenen Frau in Ihrem Stall, mit Ina Menzer?

Kohl: Für Ina werde ich richtig hart arbeiten, das hat sie sich verdient. Leider ist der Markt sehr schwierig im Moment, zwei Frauen konnte ich nicht unterbringen. Jetzt, wo Susi zu SES gegangen ist, könnte wieder Bewegung hineinkommen. Ich stehe weiterhin fürs Frauenboxen.

Ihr Konkurrent Wilfried Sauerland kämpft auch um eine Verlängerung seines Vertrags mit der ARD. Glauben Sie, dass die Zeit des Boxens im öffentlich-rechtlichen Fernsehen abläuft?

Kohl: Ich hoffe es nicht, im Gegenteil. Wenn Sauerland einen neuen, gut dotierten Vertrag bekommt, dann ziehen die anderen Sender wieder mit. Für das Boxen wäre es eine Katastrophe, wenn die ARD auch noch ausstiege. Deshalb wünsche ich Sauerland viel Glück.