Patrik Kühnen für die Team-WM abzusetzen sei eine Entscheidung der Mannschaft gewesen. Gegen Australien soll er wieder der Kapitän sein.

München. Patrik Kühnen wäre ein ausgezeichneter Vertreter für das Diplomatische Corps. Seine Mannschaft hat ihn vor wenigen Tagen als Kapitän für die Tennis-Team-Weltmeisterschaft in Düsseldorf abgesetzt - doch er hegt keinen Groll. Behauptet er zumindest. „Ich akzeptiere das natürlich, das ist doch ganz klar“, versicherte der Davis-Cup-Kapitän am Mittwoch in München. Dort sollte er über das ATP-Turnier in der kommenden Woche in der bayerischen Landeshauptstadt reden, doch dazu kam er beinahe nicht.

Die Regie wollte es, dass neben Kühnen einer der Spieler saß, die ihn für den Power Horse World Team Cup von 20. bis 26. Mai einfach mal abgesägt haben. Philipp Kohlschreiber versicherte, es sei „definitiv richtig“, dass die gesamte Mannschaft gegen Kühnen entschieden habe - gemeinsam hatten sie das Turnier im vergangenen Jahr gewonnen. Dass diese Entscheidung Fragen aufwirft, das haben Florian Mayer, Philipp Petzschner (beide Bayreuth), Kohlschreiber (Augsburg) und Christopher Kas (Trostberg) aber wohl glatt übersehen.

„Wir fühlen uns wohl mit der Entscheidung“, bekräftigte Kohlschreiber, er räumte aber ein: „Wir haben uns da keine Gedanken gemacht, was alles passieren könnte.“ Passiert ist, dass Kühnen als entmachtet und wie ein Kapitän auf Abruf rüberkommt. Aber nein, das sei nicht so, versicherte Kohlschreiber, es handele sich um eine einmalige Aktion. Kühnen sei „ein verdammt guter Trainer“, sagte er, „wir wissen, dass wir mit Patrik Davis Cup bestreiten wollen“, und: „Wir sind mit Patrik das richtige Team, um gegen Australien zu gewinnen.“

+++ Kerber und Görges spielen Einzel - Mayer bootet Kühnen aus +++

Gegen Australien spielt Deutschland im September um den Verbleib in der Weltgruppe, da wird die Mannschaft nicht an Kühnen vorbeikommen, es sei denn, sie lehnt ihn schlichtweg ab oder verweigert sich ihm. Was die Abberufung für die Mannschafts-WM angeht, haben die Spieler zunächst das Reglement auf ihrer Seite: Die Nummer eins der Mannschaft, in diesem Fall Florian Mayer, darf den Kapitän bestimmen. Mayer entschied sich für seinen persönlichen Coach Tobias Summerer. Dieser wird von den anderen persönlichen Trainern unterstützt.

Alles kein Problem, versicherte Kühnen, so sei nun mal das Reglement. Dass die Spieler dies erstmals buchstabengetreu nutzten, das ist allerdings neu, das hat es nicht mal zu Zeiten von Boris Becker oder Michael Stich gegeben. Es ist darüber hinaus auffällig, dass die Entscheidung ein paar Wochen nach dem Davis Cup in Bamberg gefallen ist. Im Bamberg hat es, vorsichtig ausgedrückt, einige Misstöne gegeben, einmal, weil der kranke Kohlschreiber nicht vorbeischaute, und dann auch, weil ihn vor allem Tommy Haas dafür verbal abwatschte.

„Jeder kann das interpretieren, wie er möchte“, sagte Kühnen am Mittwoch zu der Entscheidung der Spieler sowie etwaigen Zusammenhängen mit den Vorfällen im März in Bamberg. Er persönlich jedenfalls fühle sich „da nicht vorgeführt“. Ja, „ich wäre gerne dabei gewesen“, wiederholte er, schließlich habe er das nun als Nachfolger von Michael Stich seit 2003 gemacht, aber „in diesem Jahr wollen die Jungs anders spielen, das sind die Regularien, das steht den Jungs zu.“ Und die Unstimmigkeiten von Bamberg? Langst ausgeräumt, betonte Kühnen.

Kohlschreiber wiederum meinte, „dass man wegen der Dinge in Bamberg keine Krise heraufbeschwören muss.“ Er ließ freilich auch durchblicken, dass es vor der Entscheidung gegen Kühnen schon „das ein oder andere Thema gab, was nicht so glücklich war.“ Und schließlich erwähnte Kohlschreiber noch, um was es ja eigentlich gehe: Düsseldorf dient der Vorbereitung auf die French Open, „wir haben alle noch nicht so gute French Open gespielt“, deshalb hätten sie jetzt mal eine Vorbereitung in Düsseldorf mit ihren Trainern geplant.

Haas ist beim Power Horse World Team Cup nicht dabei. Er startet dafür nächste Woche beim ATP-Turnier in München. Mit einer Wildcard. Vergeben von Kühnen. (sid/abendblatt.de)