Heute wird das Spring- und Dressurderby in Klein Flottbek eröffnet. Nach Pilzbefall hat der Rasen im Stadion Lücken

Hamburg. Der Übeltäter heißt Gerlachia nivalis. Man könnte ihn leicht mit dem Schneeglöckchen verwechseln, doch anders als das so ähnlich klingende Amaryllisgewächs namens Galanthus nivalis kommt der Schneeschimmel verursachende Pilz alles andere als galant daher. Er verursacht hässliche braune Flecken auf dem Rasen und macht dabei auch nicht vor teuren Sportgrüns halt. Vor einem Monat ereilte die Veranstalter des heute (15 Uhr) mit dem Eröffnungsspringen beginnenden Derbys in Klein Flottbek die Diagnose vom Pilzbefall im Springstadion. Binnen 14 Tagen sollte das Problem behoben sein, doch die Witterung machte Platzwart Klaus Fronzek einen Strich durch die Rechnung.

Aus der Entfernung sieht das Geläuf tadellos aus, doch beim näheren Hinschauen sind noch immer deutliche Lücken im Rasen zu erkennen. "Das Gras wächst nicht richtig nach", erklärt der 48-Jährige. "Es ist einfach zu kalt." Fronzek hätte Reitern und Pferden liebend gern einen "Teppich" geboten, dennoch sei er unter den naturgegebenen Umständen zufrieden mit den Platzverhältnissen. Laut Derby-Sportdirektor Paul Schockemöhle, einst selbst als Aktiver international erfolgreich, ist die Bodenbeschaffenheit für Reiter und Pferd ohnehin wichtiger als die Dichte des Grüns. "Es sind gute Verhältnisse gegeben", erklärt der 65-Jährige. "Ich bin sicher, dass der Boden hält, selbst wenn uns viel Regen überraschen sollte."

Vorhergesagt sind im Vergleich zum letztjährigen Sonnen-Derby kühle Temperaturen bis zu 13 Grad, aber nur kurze Schauer. "Ich würde mir wünschen, dass es ein wenig wärmer wird und trocken bleibt" sagt Turnierchef Volker Wulff, der ansonsten den fünf Veranstaltungstagen positiv gestimmt entgegen blickt. 500 Pferde mit den dazugehörigen Reitern werden in Klein Flottbek erwartet. Insgesamt geht es um 750 000 Euro Preisgeld.

Mehr als ein Drittel davon entfällt allein auf die einzige deutsche Station der Global Champions Tour, der weltweit höchstdotierten Turnierserie. Wenn am Sonnabend 285 000 Euro unter den Reitern verteilt werden, wollen auch der Weltranglisten-Erste Marcus Ehning (Borken), Weltmeister Jos Lansink (Belgien), der in Breitenburg bei Itzehoe lebende Olympiazweite Rolf-Göran Bengtsson (Schweden), Vorjahressieger Bernardo Alves (Brasilien) sowie Meredith Michaels-Beerbaum (Thedinghausen) und ihr Schwager Ludger Beerbaum (Riesenbeck) ihr Stück vom Kuchen abbekommen. Michaels-Beerbaum will nach der Geburt ihrer Tochter Brianne wieder dort wieder anzusetzen, wo sie im vergangenen Jahr aufgehört hat - mit einem Erfolg im Championat von Hamburg am Donnerstag. Der zweimalige Derbysieger Beerbaum konzentriert sich in diesem Jahr auf die Global Champions Tour, weil ihm ein geeignetes Pferd für den schweren Derby-Parcours fehlt.

EIN ERFOLGSQUINTETT AUS MECKLENBURG

Das mit 105 000 Euro dotierte Traditionsspringen rund um Wall und Pulvermanns Grab wurde zuletzt von Mecklenburger Reitern dominiert. Im vergangenen Jahr siegte Thomas Kleis (Gadebusch) mit Carassina, davor zweimal Andre Thieme (Plau am See) auf Nacorde. Auch in diesem Jahr wird den Reitern aus dem Nordosten eine entscheidende Rolle zugetraut. "Es heißt hier nicht Deutschland gegen den Rest der Welt, sondern Mecklenburg gegen den Rest", meint Schockemöhle. Auch Volker Wulff zählt mit Thieme wieder einen der in Passin trainierenden Reiter zu seinen Favoriten. "Ich denke, dass er noch einmal angreifen wird", sagt Wulff, "glaube aber auch, dass Christian Ahlmann und William Whitaker gute Chancen haben".

Anders als bei den Springreitern steht das Derby der Dressurkönner im Schatten einer anderen Veranstaltung. Obwohl die 50. Auflage erstmals international ausgeschrieben wurde, zieht es die Besten wie Isabel Werth (Rheinberg) oder Anky van Grunsven (Niederlande) weiter zum parallel laufenden Turnier in München. Für Hamburg gemeldet haben die für Australien reitende Kristy Oatley, die Belgierin Vicky Smits-Vanderhasselt und die Weltcup-Sechste Carola Koppelmann aus Warendorf. Neben dem Klassiker Derby sollen auch der Medien Cup, die Serie für die besten acht bis zehn Jahre alten Dressurpferde, ein U-25-Wettbewerb und das Ponyderby die Zuschauer ans Flottbeker Viereck locken.

2009 kamen insgesamt 70 000 Besucher. Mindestens genauso viele erhofft sich Wulff auch für dieses Jahr. Für das spezielle Derby-Ambiente soll neben dem Sportgeschehen wie gewohnt auch die noch einmal vergrößerte Zeltstadt mit Shoppingmeile, Kinderland, Public Viewing und Gastronomie sorgen. Dort könnte es dann auch Pilze geben - allerdings nur zum kulinarischen Verzehr.