Pau. Schwerer Sturz im Zeitfahren. Auch Topfavorit van Aert kracht in der selben Kurve in ein Gitter und muss aufgeben.

Maximilian Schachmann saß wie ein Häufchen Elend auf einem Campingstuhl und blickte gedankenversunken ins Leere. Mit drei gebrochenen Knochen in der linken Mittelhand und einem bandagierten Knie endete sein bisher so starkes Debüt bei der Tour de France auf tragische Weise. Humpelnd und gestützt von medizinischem Personal verließ Schachmann den Zielbereich, er fliegt nun zurück nach Deutschland und wird dort operiert.

Das Einzelzeitfahr-Drama um den Berliner stellte aus deutscher Sicht selbst die verblüffende Julian-Alaphilippe-Show im Kampf um das Maillot jaune in den Schatten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und blutigem rechten Knie hatte sich Schachmann zuvor fast in Zeitlupe ins Ziel gequält.

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„Meine linke Hand ist das Problem“, meinte der geknickte Schachmann, der schon ahnte, dass seine Tour am 100. Geburtstag des Gelben Trikots vorbei sein würde. In einer Rechtskurve war er auf der 13. Tour-Etappe über 27,2 Kilometer verhängnisvoll gestürzt. „Ich bin zu schnell reingefahren und habe sie falsch eingeschätzt, die war tückisch. Mir ist die Straße ausgegangen, dann bin ich ins Außengitter eingetaucht“, sagte Schachmann.

Franzose Alaphilippe wie entfesselt

Auch die Sorge von Rundfahrthoffnung Emanuel Buchmann, der sich als 15. (+1:19 Minuten) im Spitzenfeld behauptete, galt Schachmann. „Es wäre echt schade, wenn er nicht weiterfahren könnte“, sagte der 26-Jährige. Hinzu kam, dass Schachmann ausgezeichnet im Rennen lag und auf dem Weg zu einer Top-Platzierung war. Doch ein kleiner Fehler änderte für den Profi aus der Mannschaft Bora-hansgrohe alles.

Den entfesselten Alaphilippe konnte sogar der starke britische Titelverteidiger Geraint Thomas nicht in die Schranken weisen. Der Franzose gewann in 35:00,24 Minuten und baute seinen Vorsprung auf Thomas sogar noch um 14 Sekunden aus. Thomas wurde Tageszweiter und liegt vor dem Sonnabend-Spektakel am Tourmalet im Klassement nun 1:26 Minuten hinter Alaphilippe.

Buchmann ist Sechster der Gesamtwertung, der Ravensburger hat 3:04 Minuten Rückstand auf den Führenden. „Das war ein sehr gutes Zeitfahren, ich habe mich sehr gut gefühlt. Ich musste Vollgas geben, diese Sekunden holt man nicht mehr auf“, sagte Buchmann, der kein ausgewiesener Spezialist im Kampf gegen die Uhr ist.

Drama um Topfavorit Van Aert

Da das Zeitfahren ganz im Zeichen des Maillot jaune stand, das am 19. Juli 1919 zum ersten Mal vergeben worden war, wurde Alaphilippe inmitten früherer Trikotträger geehrt. Eddy Merckx, Bernard Hinault und andere Größen der Vergangenheit gratulierten. Das Trikot hatte Alaphilippe an diesem besonderen Tag offenbar Flügel verliehen. Er setzte von Anfang an auch die besten Zwischenzeiten und fuhr wie berauscht von der Begeisterung seiner Landsleute.

Wout van Aert lag im Zeitfahren auf Bestzeitkurs.
Wout van Aert lag im Zeitfahren auf Bestzeitkurs. © dpa | Yorick Jansens/BELGA

Vor Schachmann war auch Tony Martins Teamkollege Wout van Aert fürchterlich zu Fall gekommen – in der selben Kurve wie später der deutsche Radprofi. Auch der Siegkandidat erlebte auf bittere Weise, wie schnell Träume platzen können. In jener fatalen Abbiegung blieb er innen am Sicherheitsgitter hängen und wurde regelrecht vom Rad gerissen. Der Gewinner des zehnten Tour-Abschnitts erlitt eine tiefe Wunde am rechten Oberschenkel.

Tony Martin hat Probleme mit dem Akku

Der viermalige Zeitfahr-Weltmeister Martin hatte aufgrund der zunehmenden Erschöpfung seine Spezialdisziplin nicht mit voller Kraft absolviert. „Ich merke, dass der Akku zu Ende geht. Ich wäre heute definitiv nicht um den Sieg mitgefahren, und dann habe ich es bevorzugt, ein bisschen ruhiger zu fahren“, sagte der 34-Jährige.

Martin berichtete, er habe am Donnerstagabend nach der Streckenbesichtigung mit dem Auto entschieden, lieber Kräfte zu sparen. Gerüchte um mögliche gesundheitliche Probleme verneinte er jedoch. „Die Strecke hat es nicht hergegeben, und ich habe mich in den zwei Wochen bei der Tour schon sehr verausgabt“, sagte Martin im ARD-Hörfunk.

Nach einiger Behandlungszeit wurde Van Aert mit dem Krankenwagen abtransportiert. Sein Team vermeldete später eine tiefe Fleischwunde im rechten Oberschenkel.

Zum Zeitpunkt seines Sturzes lag der 24 Jahre alte frühere Cross-Weltmeister auf Bestzeitkurs. Er galt als einer der größten Sieganwärter für die 13. Etappe über 27,2 Kilometer rund um Pau.

Schachmann verletzt sich an der Hand und droht auszufallen

Auch dem deutschen Meister Maximilian Schachmann droht nach einem Sturz in der gleichen Kurve ein vorzeitiges Aus bei seinem Debüt. „Mir ist das Vorderrad weggerutscht, mir haben 20 Zentimeter gefehlt. Da kamen die Gitter“, sagte Schachmann am Freitag in der ARD.

Beim Einzelzeitfahren in Pau war der Bora-hansgrohe-Profi auf den letzten Kilometern gestürzt. Danach quälte sich Schachmann mit einem aufgeschlagenen rechten Knie ins Ziel. „Meine linke Hand ist das Problem“, erklärte der 25-Jährige. Er sei bei dem Sturz auf die Hand gefallen, berichtete er.

Schachmann lag ausgezeichnet im Rennen und war auf dem Weg zu einer Top-Platzierung. „Ich war schnell und hatte einen guten Rhythmus“, sagte der 25-Jährige. Doch dann endete das Teilstück für ihn mit blutendem rechten Knie und schmerzverzerrtem Gesicht.