In keinem anderen Materialbereich wird versucht, Effektivität so teuer einzukaufen wie beim Rad. Angesichts der Tatsache, dass auf dem Rad die meiste Zeit verbracht wird, spielt das Equipment erwiesenermaßen eine große Rolle in der Ersparnis von Zeit. Doch wie genau und mit welchen Budget kann man gute Effekte erzielen?

Die Geometrie

Das oberste Kriterium bei einem Radkauf ist die Geometrie. Grundlegend können Räder für den wettkampforientierten Ausdauersport in zwei Kategorien eingeteilt werden: Rennrad und Zeitfahrrad (Triathlonrad).

Der Unterschied liegt in der Geometrie, vor allem im Sitzrohrwinkel: Rennräder weisen im groben Schnitt einen Sitzrohrwinkel von 73° auf, bei den Zeitfahrmaschinen liegt der Bereich von 74° bis 79°. Der angebliche Vorteil des steileren Winkels besteht darin, dass der Körperschwerpunkt direkter über dem Tretlager liegt und somit die Kraft unmittelbar und effizienter nach unten wirken kann. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse haben allerdings ergeben, dass der steile Sitzrohrwinkel deutlich weniger Vorteile für den Vortrieb und den Krafteinsatz bring, wie man es zuvor postuliert hatte.

Somit sollte nicht das primäre Kriterium bei einem Radkauf sein, wie weit sich der Sitzrohrwinkel gen 90° bewegt. In erster Linie zählen die Verträglichkeit eines steilen Sitzens und der somit einhergehende Komfort.

Und hier wären wir beim nächsten wesentlichen Punkt: Eine Zeitfahrmaschine ist nicht nur steiler im Sitzrohrwinkel, sondern auch deutlich kompakter und bolidiger gebaut als ein Rennrad. Hieraus ergeben sich messbare Vorteile: Die kompakte und sehr flache Position auf dem Rad kombiniert mit sehr schnittigem Material minimiert den Windwiderstand je nach Hersteller und Modell ungemein – man spricht von guter Aerodynamik. Insofern gilt: Wie lange und effektiv schaffe ich eine flache Position auf dem Rad einzuhalten, um aerodynamisch gut unterwegs zu sein? Mit einem Rennrad, das gegenüber der Zeitfahrmaschine eher komfortabel gestaltet ist, wird man kaum an die Werte der Aero-Boliden heranreichen.

Die Alternative Rennrad

In der Regel kommt die Zeitfahrmaschine kaum bis überhaupt nicht außerhalb des Wettkampfes zum Einsatz, da der Komfort kaum gegeben ist. Hier ist das Rennrad deutlich dienlicher und flexibler für das Training. Empfehlenswert für ambitionierte Athleten sind daher zwei Räder. Ist dies aus Budgetgründen allerdings nicht möglich, kann auch ein Rennrad schnittiger gemacht werden, indem z.B. ein Zeitfahrauflieger montiert wird, man einen steileren Vorbau nutzt, etc. Dies wäre eine kosteneffiziente Alternative, die nicht ganz den Effekt einer Zeitfahrmaschine aufwiegt, aber dennoch die 180 km gut meistern lässt.

Der Werkstoff

Neben der Geometrie kann zu gleichermaßen der Werkstoff ein wesentliches Kriterium bei der Wahl des Rahmens sein: Aluminium oder Karbon. Unbestritten, und die Entwicklung im Zeitfahrbereich zeigt es eindeutig, ist Karbon der Werkstoff der nächsten Jahre, der in seinen Eigenschaften und Verarbeitungsmöglichkeiten Aluminium zunehmend mehr in den Schatten stellt. Schon lange zähl nicht mehr das Argument allein, Karbon sein einfach nur leichter als Alu, was nur geringfügig stimmt. Gut verarbeitetes Karbon ist de facto schwingfähiger, steifer und effizienter in aerodynamische Formen zu bringen. Allerdings ist Karbon bei Stürzen anfälliger als Alu, da es spröder ist.

Wenn absolut effizientes Material benötigt wird, sollte man sich für Karbon entscheiden. Für die Otto-Normalverbraucher und Ironman-Einsteiger stellt Karbon allerdings kein Muss dar.

Die Laufräder

Neben dem Rahmen gilt ein besonderes Augenmerk dem Laufrad. Die beiden wesentlichen Faktoren, die ein Laufrad charakterisieren, sind Gewicht und Aerodynamik. Gewicht zum einen, denn das Gesamtgewicht eines Rades kann unnötig steigen, wenn schwere Laufräder gefahren werden. Mehr Gewicht heißt folglich mehr Energieeinsatz – in der Regel gemessen in Watt – und somit weniger Effizienz. Es gilt hier, einen preislich vertretbaren Laufradsatz zu finden; es muss kein Laufradsatz unter 2000 Gramm sein, der preislich meist über einem solide ausgestatteten Komplettradaufbau liegt.

Die Aerodynamik eines Laufrades steigt mit der Höhe des Profils. Mit anderen Worten: Umso breiter die Felge, desto weniger Angriffsfläche für den frontalen Airflow. Eine weitere Komponente, die für die Aerodynamik wesentlich ist, sind die Speichen und deren Montage. Auch hier wird versucht, so flach wie möglich zu gehen und die Speichen meist radial anzuordnen, so dass der noch verbleibende Wind, der durch das Laufrad pfeifen kann, gut geschnitten wird, um den Widerstand zu minimieren.

Wie es so oft im Materialsport ist, steigt der Preis auch bei den Aero-Laufrädern mit deren Grad an Aerodynamik: Man findet Laufräder auch jenseits der 3000-Euro-Grenze. Und hierbei sei ganz klar herausgepunktet, dass gute aerodynamische Laufräder sehr viel bringen können, ab einer gewissen Preisklasse sind die Unterschiede allerdings marginal. Für den ersten Ironman muss es mit Sicherheit kein Laufradsatz über €1500,- sein, wenn man sich in dieser Form Effizienz und Ökonomie einkaufen möchte.

Eine weitere Lösung für etwas mehr Vortrieb ist der Einsatz eines Scheibenrades als Hinterrad. Durch das geschlossene System kommt es zu keinerlei Windverwirbelungen, zudem ist die Scheibe sehr spursteif, allerdings für Seitenwind sehr anfällig (wie auch bei Hochprofilfelgen). Der Trend geht in jüngster Zeit weg von der Scheibe, da vermehrt Aero-Laufräder auf den Markt kommen, die ähnliche aerodynamische Eigenschaften wie eine Scheibe aufweisen. Insofern ist eine Scheibe heutzutage kein Zwang mehr, wenn ein Optimum über den Laufradsatz gesucht wird. Auf Hawaii darf sowieso keine Scheibe gefahren werden.

Der Helm

Der Helm kann unglaublicher Weise einen ebenso großen Effekt auf die Aerodynamik haben wie ein guter Laufradsatz. Wissenschaftliche Tests haben ergeben, dass der richtige Einsatz eines Aerohelms (gute Kopfhaltung bei guter Überhöhung der Sitzposition), dieser ebenso viele Watt einsparen kann wie ein Laufradsatz im High-End-Bereich. Und gemessen der Kosten (€140,- bis €300,-) ist der Aerohelm eine sehr gute Investition. Ein Nachteil, auf den man sich zwingend einlassen muss, ist die geringfügige Abwärme. Zwar werden die Aerohelme mit mehr Belüftungslöchern gespickt, aber an einen Straßenhelm kommt er bei weitem nicht ran. Vergegenwärtigt man sich dann die Hitze z.B. auf den Highways auf Hawaii muss man abwägen, ob man ein „kühles“ oder „schnelles“ Köpfchen bewahren möchte.

Der Aerolenker

Der Aerolenker ist sehr vielschichtig zu betrachten und sehr individuell zu wählen. In erster Linie muss der Lenker in Abstimmung mit der Länge der Extentions, der Breite und dem Abstand der Armauflagen, sowie der Tiefe, in Abhängigkeit des Drop-Downs (Gefälles) des Lenkers und des gewählten Vorbaus, komfortabel zu fahren sein, ohne sich stark im Rücken-, Nacken- und Armbereich zu verkrampfen und ohne durch das „Liegen“ auf dem Lenker die Vortriebsmuskulatur einzuschränken. Für die optimale Wahl und Einstellung des Lenkers sollten Sie in Erfahrung bringen (testen), was sie an Position „abkönnen“. Im besten Fall kennen Sie bereits Ihre derzeitige Geometrie und wählen dementsprechend aus. Wichtig ist hierbei, und das vernachlässigen Einsteiger zu Beginn gerne, dass der Lenker variabel einstellbar sein sollte, damit man sich zu einer aggressiveren Position hin entwickeln kann (= selber Lenker, mehr Effizienz). Empfehlenswert ist, wenn Basislenker und Auflieger getrennt voneinander bewegbar sind, ebenso wie Basislenker und Vorbau. Somit haben sie drei verschiedene Punkte, den Lenker mit seinen Komponenten unabhängig voneinander in der Vertikalen zu bewegen. Darüber hinaus ist es sehr vorteilhaft, wenn sie die Extentions in der Länge variieren und die Armschalen in Breite und im Winkel verstellen können. So finden Sie Ihre ideale Position.

Ferner entscheidend ist der Werkstoff, aus dem der Lenker bestehen soll. Karbon ist keine Grundbedingung, wenn das Gewicht nicht wesentlich ist. Alu gibt sich deutlich unempfindlicher und selbst beim Anecken des Lenkers hat man keine Bedenken zu haben. Bei Karbon sieht das wieder anders aus. Soll ein guter Kompromiss gefunden werden, kann man die Komponenten des Lenkers auch mischen, z.B. wie folgt: Basislenker aus Alu, Bremsgriffe aus Alu, Extentions aus Karbon, Vorbau aus Karbon.

Wenn Gramm in Gold aufgewogen wird

Zu guter Letzt soll noch einmal darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Trend eines leichtgewichtigen Rades nur sehr bedingt mitgegangen werden muss. Nicht alles, was leicht ist, ist auch sicher im Gebrauch und in der Montage. Und eine Titanschraube mit einem Gramm weniger als eine Aluminiumschraube macht aus Ihnen sicherlich keinen massiv schnelleren Fahrer. Solange Ihr Rad nicht die zehn Kilo überschreitet, ist Ihr Material gut einsetzbar. Soll es schneller werden, kann man sich in Richtung sieben Kilo bewegen, was für Anfänger aber meist schon preislich die Grenzen aufweist. Die Investitionen für Gewichtsersparnisse sollten dann gut ausgewählt sein, wie etwas für Laufräder, Lenker und Schaltgruppe.

Entwickeln Sie sich sukzessive und fangen Sie mit einem guten Basisrahmen an, alles Weitere kommt nach und nach mit Ihrer Leistung. Scheitert es allerdings nicht am Geld, kann auch gerne am Anfang investiert werden, denn nachweislich fahren selbst absolute Neulinge auf einem High – End – Rad schneller als auf einer Einsteigermaschine. Letztendlich sind die Beine für den Vortrieb verantwortlich.