Rio de Janeiro. Heil/Plößel vom Norddeutschen Regatta Verein segeln nach schwachem Start noch auf Gesamtrang drei. Grote feiert erneut mit.

Mit der Farbe seiner Medaille hatte sich Erik Heil schnell angefreundet. „Bronze gefällt mir farblich viel besser als Silber“, sagte der 27-Jährige. Im Hintergrund wurde gerade der Zuckerhut, der dem olympischen Segelrevier Marina da Glória ein unvergleichliches Panorama verleiht, von Wolken eingehüllt, aber nach Wolken im Gemüt stand Steuermann Heil und Vorschoter Thomas Plößel nicht der Sinn. „Bei den ersten Spielen gleich eine Medaille, das ist einfach nur geil“, platzte es aus Plößel heraus. Am Strand feierten die deutschen Fans, unter ihnen Hamburgs Sportsenator Andy Grote und Sportstaatsrat Christoph Holstein, den Erfolg der 49er-Crew vom Norddeutschen Regatta Verein aus Hamburg.

Und ein Erfolg war diese Bronzemedaille, auch wenn die Deutschen ihren Silberrang, mit dem sie in das dramatische Medaillenrennen gestartet waren, noch an die australischen Olympiasieger von 2012, Nathan Outerridge und Iain Jensen, abtreten mussten. Der Bronzerang mit der 49er-Jolle, die ihren Namen von ihrer Rumpflänge von 499 Zentimetern ableitet, war für den Deutschen Segler-Verband (DSV) die einzige Medaille bei den Spielen in Brasilien. „Wir sind sehr stolz, dass wir das geschafft haben“, sagte Heil, „wenn uns das vor zwei Wochen jemand gesagt hätte, dann hätten wir das sofort angenommen.“

Es hätte sogar Silber werden können

Die Goldmedaille war schon früh außer Sichtweite geraten, zu dominant präsentierten sich die Neuseeländer Peter Burling und Blair Tuke, die als Seriensieger und Dominatoren der vergangenen Jahre als klare Favoriten in den Wettbewerb gegangen waren und diese Rolle schon vor dem abschließenden Medaillenrennen bestätigt hatten. Auch die letzte Wettfahrt gewannen die „Kiwis“ überlegen.

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Aber der Kampf um die Plätze hinter Burling/Tuke versprach immense Spannung. Mit nur drei Zählern Vorsprung auf Outteridge/Jensen waren Heil/Plößel am Donnerstagnachmittag gestartet, weitere zehn Punkte dahinter folgten die Briten Dylan Fletcher-Scott und Alain Sign mit 80 Zählern. Da im Medal Race die Punkte doppelt gewertet werden – in den zwölf Wettfahrten zuvor bekam der Sieger einen Zähler, der Zweitplatzierte zwei und so fort – waren sich die Europameister von 2014 sicher gewesen, dass ihnen ein harter Kampf bevorstehen würde, um das ersehnte Edelmetall zu sichern. „Wir dachten eigentlich, dass wir nur noch einen Gegner hätten, aber nun mussten wir auch die Briten im Auge behalten“, sagte Plößel.

Bundestrainer ist hochzufieden

Wie wichtig ein guter Start sei, hatten die beiden am Ruhetag vor dem Showdown noch betont. Und dann fuhren sie als Elfte dem Feld hinterher, weil sie den Fehler begingen, sich von den Briten hinter dem Startboot ausbremsen zu lassen. „Die Briten wollten die beiden am Start abstellen. Erik und Thomas haben dann versucht, sich durch Abdrehen aus dieser Situation zu manövrieren, aber das war ein großer Fehler. Deshalb sind sie leider die ganze Zeit hintendran gewesen“, sagte 49er-Bundestrainer Thomas Rein, der aber dennoch mit dem Ausgang des Wettkampfs hoch zufrieden war. „Die Jungs haben hier absolut konzentriert und fokussiert gearbeitet und sich diese Medaille redlich verdient“, sagte er.

Die Australier positionierten sich im Verlauf des Medaillenrennens im Vorderfeld und landeten letztlich auf dem vierten Rang, sodass es auf einen Zweikampf mit den Briten um Bronze hinauslief – der entschieden war, als die Rivalen kenterten. „Natürlich wünscht man sich nicht, dass ein Wettkampf so endet. Aber letztlich sind wir froh, dass wir Bronze sichern konnten“, sagte Heil. Als Achte kamen die Deutschen schließlich ins Ziel, was in der Endabrechnung mit 83 Zählern einen Vorsprung von 15 Punkten auf die Dänen Jonas Warrer und Christian Peter Lübeck ausmachte. Gold holten Burling/Tuke mit 35 Punkten vor Outteridge/Jensen mit 78 Zählern.

Heil infizierte sich vor einem Jahr in Rio

Für das Duo, das in Berlin beim Tegeler SC vor 15 Jahren gemeinsam im Teeny mit dem Segeln begann und seitdem in einem Boot sitzt, war der Triumph in Brasilien ein ganz besonderer. Auch wenn das angestrebte und mit der Internet-Domain gold2016.de selbstbewusst propagierte Ziel verpasst wurde, schloss sich mit dem Auftritt in der für ihre üble Wasserqualität berüchtigten Guanabara-Bucht ein Kreis für die beiden Adrenalinjunkies.

Immerhin hatte Steuermann Heil vor einem Jahr bei einem Trainings­lager in der Olympiastadt eine schwere bakterielle Infektion an Beinen und Hüfte erlitten, die nur mit intensiver Gabe von Antibiotika in den Griff zu bekommen war. Daran wollte der gebürtige Berliner allerdings nicht mehr zurückdenken. „Ich habe dieses Revier immer gemocht“, sagte er, „und auch wenn mich die Bakterien ein wenig geärgert haben, ist Bronze wirklich ein toller Abschluss.“ Ein Abschluss, der am Abend im Deutschen Haus gebührend gefeiert werden sollte.