Rio de Janeiro. Kurz und schmerzvoll für ihre Gegnerinnen: Absolut fokussiert spielt Angelique Kerber in Rio auf. Warum jetzt sogar Gold denkbar ist.

Ist das wunderbar! Die Siegerin der Australian Open, Angelique Kerber, hat beste Chancen auf eine olympische Medaille. Kerber trennt nur noch ein Sieg von einer Medaille, doch nun will Deutschlands beste Tennisspielerin in Rio de Janeiro wie zuletzt Steffi Graf 1992 auch um Gold kämpfen. „Klar wäre es etwas Besonderes. Es war schon immer ein Traum, hier mal mitspielen zu können“, sagte die Nummer zwei der Welt nach einem starken Auftritt gegen die Britin Johanna Konta. 6:1, 6:2. Dieses klare Ergebnis für Kerber leuchtete im Viertelfinale am Donnerstag nach 64 Minuten auf der Anzeigetafel des Centre Courts in Rio de Janeiro auf.

Die 28-Jährige ließ nie einen Zweifel an ihrem Erfolg und will am Freitag gegen die amerikanische Top-Ten-Spielerin Madison Keys den Schritt ins Endspiel schaffen. Gegen die sieben Jahre jüngere Keys hat Kerber vier von bislang fünf Duellen gewonnen. „Ich weiß, was ich kann. Ich werde die Herausforderung annehmen“, erklärte Kerber.

Die Kielerin ist als einzige Deutsche noch im Wettbewerb. Ihre Teamkollegin Laura Siegemund musste sich nach einem 1:6, 1:6 gegen Monica Puig aus Puerto Rico im Viertelfinale verabschieden. Puig trifft im zweiten Halbfinale auf die zweimalige Wimbledon-Siegerin Petra Kvitova aus Tschechien.

Tommy Haas holte Silber in Sydney, Steffi Graf 1992 in Barcelona

Dank Australian-Open-Siegerin Kerber ist das erste deutsche Edelmetall im Einzel seit 16 Jahren, seit Silber für Tommy Haas in Sydney, zum Greifen nahe. Gar 24 Jahre liegt es zurück, dass Steffi Graf aus Barcelona ebenfalls mit Silber dekoriert zurückgekehrt war.

London-Olympiasiegerin Serena Williams - die dominante Spielerin der vergangenen Jahre - war im Achtelfinale ausgeschieden. French-Open-Siegerin Garbiñe Muguruza Spanien ist ebenfalls schon raus. So gilt Kerber als Gold-Favoritin. „Ich denke noch nicht darüber nach. Ich will das nicht an mich heranlassen“, beschwichtigte die Norddeutsche.

Nach dem ersten Break hatte es Kerber eilig. Tadellos spulte sie trotz des Windes ihr Programm ab und profitierte auch von etlichen Fehlern der Nummer 13 der Weltrangliste. Viel Applaus schallte der deutschen Nummer eins für ihren konzentrierten Auftritt nicht entgegen, nur rund 3000 Fans hatten sich auf dem 10.000 Zuschauer fassenden Court eingefunden. Mit Geduld entschied die Linkshänderin die meisten Ballwechsel für sich, schrieb dann fleißig Autogramme und verabschiedete sich mit einem Kusshändchen und kurzem Winken vom Publikum. Schon einmal hat sie Konta auf dem Weg zu einem großen Triumph ausgeschaltet - in Melbourne, Ende Januar. Mit einem weiteren Sieg gelang ihr dort der bisher größte Coup.

Laura Siegemund: "Maximal mistig gelaufen"

Die 28-jährige Siegemund drückt nach ihrer Viertelfinal-Pleite ihrer Teamkollegin die Daumen. Nach ihrer demütigenden Niederlage gegen Puig rang sie sich ein gequältes Lächeln ab. „Es ist alles maximal mistig gelaufen“, sagte Siegemund. „Es hat nicht viel geklappt bei mir. Es war keine Kopfsache, dass ich zu angespannt war“, sagte Siegemund. Das Rio-Erlebnis ist sportlich für die Weltranglisten-32. beendet. Die Schwäbin, die als Kind als neue Steffi Graf gefeiert wurde, hatte sich erst in den vergangenen Monaten in den Fokus gespielt. Die Runde der besten Acht zu erreichen und mit 28 Jahren ihre Olympia-Premiere zu erleben, darf sie als Erfolg verbuchen.

Martina Hingis ebenfalls auf Medaillenkurs

Die frühere Weltranglisten-Erste Martina Hingis kämpft im Doppel-Wettbewerb in Rio um ihre erste Olympia-Medaille. Gemeinsam mit ihrer Partnerin Timea Bacsinszky zog die 35 Jahre alte Schweizerin ins Halbfinale ein. Hingis/Bacsinszky behaupteten sich gegen Chan Hao-Ching/ChanYung-Jan aus Taiwan nach anfänglichen Problemen mühelos mit 6:3, 6:0. Hingis, die frühere Rivalin von Steffi Graf, nahm bislang nur vor 20 Jahren in Atlanta an den Olympischen Spielen teil. Olympisches Edelmetall fehlt ihr noch in ihrer Karriere.