Die 125. IOC-Vollversammlung hat der aufstrebenden Sportmacht Asien den nächsten Milliardengewinn zugeschanzt. Nach den Winterspielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang bekam Tokio trotz Fukushima-Krise den Zuschlag für 2020.

Buenos Aires. Die japanischen Olympia-Macher feierten Tokios zweiten Olympiasieg nach 1964 ausgelassen mit „Yokoso Nippon 2020“-Rufen – Willkommen in Japan 2020“. Der 60-36-Kantersieg der 35-Millionen-Metropole im Wahlfinale gegen Istanbul drängte auf der Siegerparty am Sonnabendabend in Buenos Aires sogar die großen Sorgen um die Reaktorruine in Fukushima in den Hintergrund. „Ich bin überwältigt. Die Freunde war größer als bei meinem eigenen Wahlsieg“, erklärte Japans Premierminister Shinzo Abe, der den IOC-Mitgliedern während Tokios leidenschaftlicher Abschlusspräsentation versichert hatte, die Probleme in Fukushima seien „unter Kontrolle“.

Tokio darf als fünfte Stadt in der olympischen Geschichte nach Athen (1896/2004), Paris (1900/1924), London (1908/1948/2012) und Los Angeles (1932/1984) zum zweiten Mal das Ringe-Spektakel ausrichten. Japan ist sogar bereits zum vierten Mal Olympia-Gastgeber. „Glückwunsch an Tokio. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Freunde ausgezeichnete Spiele ausrichten werden“, sagte IOC-Präsident Jacques Rogge bei der Unterzeichnung des Veranstaltervertrages drei Tage vor dem Ende seiner zwölfjährigen Amtszeit. Der dritte Bewerber, Madrid, war im ersten Durchgang in einer Stichwahl mit Istanbul ausgeschieden – zuvor hatten beide Städte je 26 Stimmen erhalten.

„Das war eine Grundsatzentscheidung für Tradition und Stabilität und gegen den Aufbruch zu neuen Ufern“, kommentierte IOC-Vize Thomas Bach. Nach den Winterspielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang darf sich die aufstrebende Sportmacht Asien über den nächsten Milliardengewinn freuen. Istanbul, zum fünften Mal angetreten, scheiterte dagegen mit seinem Plädoyer für eine Olympia-Premiere in der muslimischen Welt.

„Ich werde noch heute nach Hause fliegen und mit der Arbeit beginnen“, versprach Abe, nachdem er seine Aufgabe als Krisenmanager erfüllt hatte. Das gefährdete Gebiet in Fukushima würde sich auf eine Fläche 0,3 Quadratkilometer beschränken und die sei abgesichert, so Abe in Tokios 45-minütiger Vorstellung vor den 101 IOC-Mitgliedern, von denen 96 beim entscheidenden Votum abstimmen durften. Tokios Gouverneur Naoki Inose offenbarte hinterher, der olympische Fackellauf werde auch durch das betroffene Gebiet führen.

Im 18 400 Kilometer entfernten Tokio schien die positive Nachricht um 05.20 Uhr Ortszeit am Sonntagmorgen wie ein Mutmacher für die krisenerprobten Bürger zu wirken. Im Vergnügungsviertel Shibuya skandierten Tausende „Nippon! Nippon!“ – Japan, Japan. Das Massenblatt „Asahi Shimbun“ feierte den erfreulichen Anlass mit einer Sonderausgabe.

„Entdecke das Morgen“ war der Slogan der Japaner, die auch bei ihrer zweiten Bewerbung auf ihr kompaktes Sportstättenkonzept in zwei Zonen setzen. 85 Prozent der Wettkampfstätten liegen in einem Radius von gerade mal acht Kilometern zum olympischen Dorf.

Istanbul ist nach der Pleite immerhin großer Favorit auf die Ausrichtung der Halbfinals und des Endspiels der Fußball-EM 2020. Der Deutsche Fußball-Bund hatte bereits zuvor angekündigt, eine eigene Final-Bewerbung mit München als Spielort zugunsten der Türken zurückziehen zu wollen und sich nur um Gruppenspiele und ein K.o.-Duell zu bemühen.

Für eine eventuelle Bewerbung Münchens um die Winterspiele 2022 hat der Sieg Tokios praktisch keine Konsequenzen. „Ich gratuliere Tokio. Jetzt wissen wir, wo wir stehen. Nach der Landtagswahl in Bayern und der Bundestagswahl werden wir unsere Entscheidung bekanntgeben“, sagte Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes, der Nachrichtenagentur dpa. Die nötigen Vorarbeiten für eine weitere Kandidatur laufen längst parallel.