Die Olympia-Norm hatte sie nicht erreicht und dennoch durfte die Frankfurterin starten. Nun scheiterte sie in der Qualifikation denkbar knapp.

London. Der Olympia-Start hing am seidenen Faden, das Happy End verhinderte ein minimales Touchieren mit der Ferse. „Ich war schon drüber“, schluchzte Ariane Friedrich noch eine Stunde nach ihrem Qualifikations-Aus im Hochsprung, „aber dann habe ich die Latte mit der Hacke noch gerissen.“ Das war bei 1,96 Meter.

Dabei hätten 1,93 Meter – höher war die Frankfurterin 2012 noch nicht gesprungen – um ein Haar für den Final-Einzug in London gereicht. „Ich bin sehr traurig, es war sehr knapp“, sagte sie mit bebenden Lippen, zwischen Verzweiflung und Trotz schwankend.

+++ Doppel-Gold für deutsche Kanuten auf dem Dorney Lake +++

Am Ende der Ausscheidung gab es einen Gleichstand mehrerer Springerinnen, die 1,93 Meter im dritten Versuch gemeistert hatten. Erst entschieden die Kampfrichter deshalb, 14 Starterinnen für das Finale an diesem Sonnabend zuzulassen, darunter die 28-jährige Deutsche. Wenig später revidierten sie die Entscheidung, und Friedrich musste sich noch dreimal an 1,96 Meter versuchen - vergeblich.

„Ich dachte schon, ich bin weiter“, schilderte sie die Situation. „Ich kann mir nicht vorwerfen, es versaubeutelt zu haben. Ich habe den Hintern zusammengerissen und alles probiert.“ Damit zielte sie auch auf Vorwürfe von Kritikern. Die zweimalige Olympiasiegerin Ulrike Nasse-Meyfarth etwa hatte ihre Nominierung per Ausnahmeregelung scharf kritisiert. „Es ist traurig, wenn man so einen Nestbeschmutzer hat. Ich habe mit ihr nie ein Problem gehabt“, konterte die WM-Dritte von 2009, die ohne Normerfüllung (1,95 Meter) mit zu den London-Spielen durfte. „Ich habe für den deutschen Hochsprung auch schon viel geleistet“, betonte Friedrich.

Nasse-Meyfarth hatte ihr vorgeworfen, seit dem dritten Platz bei der EM 2010 keine Leistung mehr gebracht zu haben. „Wer bei Olympia die beste Leistung des Jahres zeigt, der war zurecht bei Olympia“, verteidigte Trainer Günter Eisinger seine Athletin. „Wer den Leidensweg von Ariane kennt, der kann nur zufrieden mit der Leistung sein.“ Auch der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) stellte sich schützend vor sie. „Ariane hat den besten Wettkampf des Jahres gemacht“, lobte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen.

Eine Medaille lag in London für Ariane Friedrich ohnehin nicht in der Luft. Der Final-Einzug wäre schon ein Erfolg gewesen, da seit dem Achillessehnenriss im Dezember 2010 das Sportler-Dasein für die deutsche Rekordlerin (2,06 Meter) an Schwerelosigkeit verloren hat. Vor allem nach dem Comeback in diesem Sommer, als sie sich vergeblich an der 1,95-Metern-Norm abmühte. Bei der EM in Helsinki musste Friedrich wegen eines Magen-Darm-Virus passen. Zum Störfaktor wurde auch eine Facebook-Affäre: Die Polizei-Kommissarin hatte einen Mann, der sie per Mail sexuell belästigt hatte, namentlich und mit Adresse im sozialen Netzwerk genannt, bevor der Fall polizeilich geklärt war.

„Für mich war das heute sehr wichtig. Ich brauchte diesen Wettkampf bei Olympia, um wieder richtig motiviert in die neue Saison zu gehen“, meinte die Höhenjägerin mit den pink gefärbten Haaren. „Das war für meine weitere Karriere als Hochspringerin sehr wichtig.“ Sie will das Erlebnis von London „erstmal sacken“ lassen, bevor sie über ein frühzeitiges Saisonende entscheidet.

„Ich musste zuletzt lernen, drei Schritte zurückzumachen, um wieder erfolgreich zu sein. Das war nicht immer ganz einfach“, sagte Ariane Friedrich, die nun ein neues Kapitel ihrer Karriere beginnen will. Klar ist für sie, die Laufbahn bis zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro fortzusetzen. „Wenn wir es schaffen, Ariane den Glauben im Wettkampf wiederzugeben, bin ich überzeugt, dass sie wieder an ihre alten Leistungen anknüpfen kann“, meinte Eisinger. (dpa)