Der Europameister strebt Edelmetall im Zehnkampf an. Dafür muss er in London einen besseren 100-Meter-Lauf hinlegen als in Helsinki.

London. Pascal Behrenbruch war schon immer leidenschaftlicher Sammler. "Wenn ich mal mit etwas angefangen habe, dann will ich davon immer mehr", erzählt der Zehnkämpfer aus Frankfurt am Main. Als Kind hat der heute 27-Jährige Telefonkarten, Briefmarken, Autogramme gehortet. "Jetzt will ich damit anfangen, meine Medaillenkollektion zu vergrößern. Alles andere als Edelmetall wäre sehr enttäuschend", sagt der Europameister vor seiner Olympiapremiere.

Mit dem persönlichen Rekord von 8558 Punkten gewann Behrenbruch vor fünf Wochen in Helsinki Gold. Damit liegt der WM-Sechste in der Jahresbestenliste auf Rang zwei hinter Ashton Eaton. Der US-Amerikaner verbesserte Ende Juni den Weltrekord auf 9039 Punkte und geht als großer Favorit in das Kräftemessen heute und Donnerstag. "Wenn alles normal läuft, ist Platz eins vergeben. Aber diesmal will ich den anderen Amerikaner schlagen", sagt Behrenbruch. Der andere ist immerhin der zweimalige Weltmeister Trey Hardee.

Seit seinem EM-Sieg ist das vorher schon große Selbstbewusstsein des Hessen noch gewachsen: "Ich habe noch Reserven." Weitsprung, Hochsprung, 100 Meter liefen in Finnland nicht optimal. "In London will ich 100 Punkte mehr machen", sagt Behrenbruch. Neue Bestleistungen streben auch sein Frankfurter Vereinskollege Jan Felix Knobel und Rico Freimuth aus Halle an.

+++ Endlich Gold! Doch Iraner rügt Harting für Jubelarie +++

Die drei deutschen Zehnkämpfer trafen am Sonntag in London ein. Noch am Abend machte sich Behrenbruch auf ins Olympiastadion, um die Atmosphäre aufzusaugen. Der Medaillenkandidat war vom neuen Tempel der Leichtathletik schwer angetan. "Die Stimmung war überwältigend. Durch diese Kulisse lässt sich noch zusätzliche Energie hochladen", schwärmt Behrenbruch.

Glaubt man dem ersten deutschen Zehnkampfeuropameister seit 41 Jahren, ist sein Akku aber auch so schon randvoll. Der Gewinn des kontinentalen Titels habe ihm schließlich einen mächtigen "Zusatzschub" gegeben. Der Effekt sei ganz anders als vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) befürchtet. Um seine Kräfte für London zu schonen, hätte Behrenbruch nach Meinung der sportlichen Leitung auf Helsinki verzichten sollen.

+++ Der Olympiatag im Splitter +++

Der Zehnkämpfer, der seit Jahren mit dem DLV über Kreuz liegt, hielt sich aber lieber an die Ratschläge seines estnischen Trainerteams. Weil er in Deutschland für sich nicht die passende Betreuung sah, zog der eigenwillige Sportler im Herbst 2011 nach Tallinn. In der Hauptstadt Estlands schloss er sich der Mehrkampfgruppe von Leichtathletiklegende Erki Nool und Trainer Andrej Nazarow an. Auf Gold allerdings scheint Behrenbruch in London trotzdem nicht zu spekulieren.

Niemand zweifelt daran, dass sich am Ende der US-Amerikaner Eaton zum Olympiasieger krönt, zum König der Athleten. "Er ist unschlagbar", sagt Behrenbruch, "fünf Leute kämpfen um Silber und Bronze."

Zu überragend präsentierte sich Eaton zuletzt, als er im strömenden Regen von Eugene mit einer sensationellen Vorstellung 9039 Punkte sammelte und dem Tschechen Roman Sebrle (9026) den Weltrekord entriss - als zweiter Athlet übertraf er die Traumgrenze von 9000 Punkten. Doch von seiner Rolle als Topfavorit und einem möglichen neuen Weltrekord will der studierte Psychologe und Taekwondokämpfer nichts wissen. "Dein härtester Gegner bist immer du selbst", sagt der 24-Jährige, der sich im hessischen Marburg auf den Showdown vorbereitet hat. "Ich bin schlagbar."

Mit Material von dapd und sid