Selbst zum Jubiläum fehlen die Mittel für Topläufer. Aber: Mehr als 20 000 Männer und Frauen treten wieder beim Marathon in Hamburg an.

Hamburg. Sechs Tage vor dem Startschuss zum 25. Hamburger Marathon am nächsten Sonntag konnte die veranstaltende Agentur Act den ersten bekannten Läufer des Jubiläumsrennens präsentieren. Es ist Dariusz Michalczewski, der ehemalige Box-Weltmeister im Halbschwergewicht. Der 41 Jahre alte Deutschpole geht zum zweiten Mal auf die 42,195- Kilometer-Distanz. "Mein Ziel ist es, unter vier Stunden zu bleiben. Das wäre ein schöner Erfolg", sagt Michalczewski.

Die Zeit wird zwar nicht zu einem Spitzenplatz unter den gemeldeten 20 284 Teilnehmern reichen, Topresultate aber scheinen in Hamburg ohnehin nicht mehr gefragt. Wie im vergangenen (Krisen-)Jahr fehlen jene Läufer, die dem Marathon Bedeutung und Aufmerksamkeit über die Stadtgrenzen hinaus geben könnten. Mit dem 35 Jahre alten Kenianer Wilfred Kibet Kigen (Bestzeit: 2:07:33 Stunden/Hamburg 2007), der in Hamburg drei Mal Zweiter wurde, und dem Äthiopier Ashebir Demissu Jote (2:09:14) treten gerade noch zwei Athleten an, die mit viel Wohlwollen zur erweiterten Weltklasse gerechnet werden dürfen. Warum die Stars und selbst deren Hintermänner regelmäßig an Hamburg vorbeilaufen, hat einen simplen Grund: Woanders gibt es weit mehr Start- und Preisgelder zu kassieren. Renndirektor Wolfram Götz stehen bei einem Gesamtetat von rund 2,2 Millionen Euro kaum mehr als 300 000 Euro zur Verfügung, um Spitzenläufer an Alster und Elbe zu locken. 300 000 Euro - das ist jene Summe, die der äthiopische Weltrekordler Haile Gebrselassie (2:03:59 Stunden/Berlin 2008) schon vor dem ersten Schritt verlangt. Dazu kommen sechsstellige Zeit- und Rekordprämien.

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Als vor einem Jahr der 24. Hamburger Marathon gelaufen war, hatte die Agentur Act noch große Pläne für 2010. In Zusammenarbeit mit der Stadt und den Sponsoren, an der Spitze Namensgeber Möbel Kraft, wollte man zum Jubiläum ein halbwegs prominentes Starterfeld zusammenkaufen. Die Verhandlungen, die damals der später schwer erkrankte Frank Mackerodt für die Agentur führte, endeten schnell ergebnislos. Hamburg hatte kein Geld, die Sponsoren kein zusätzliches, nicht einmal für ein interessantes Frauenfeld. Das hat inzwischen ebenfalls seinen Preis. Und: Die Besten starten heute fast ausschließlich bei den fünf Marathons der zweijährigen Weltserie (New York, London, Chicago, Berlin und Boston), die mit Budgets von mehr als vier Millionen Euro klotzen. 500 000 Dollar, rund 370 000 Euro, liegen dort bei Männern und Frauen im gemeinsamen Jackpot. Die Deutsche Irina Mikitenko (38) knackte ihn zuletzt. Sie nach Hamburg zu holen erwies sich von Anfang an als illusorisch. Die zweite deutsche Weltklasseläuferin wiederum, die Kölnerin Sabrina Mockenhaupt (29), will sich in diesem Jahr auf die 10 000 Meter konzentrieren. Über diese Strecke möchte sie Ende Juli in Barcelona Europameisterin werden.

Die Hamburger lieben ihren Marathon dennoch. Die Attraktivität zieht das Rennen nicht aus seiner Klasse, sondern aus der Masse. Geschätzte 700 000 Menschen jubelten im vergangenen Jahr den Läufern zu, am nächsten Sonntag werden bei schönem Wetter ähnliche Mengen an den Straßen erwartet. Die Veranstaltung hat sich längst zur größten Party der Stadt entwickelt, die Stimmung auf den 42,195 Kilometern gilt unter allen Läufern als einmalig. Bei der Bewertung des Rennens erhält Hamburg weiter Spitzenwerte.

Das könnte sich ändern. Die Klagen der Läufer häufen sich. Das Startgeld (69,50 Euro) sei zu hoch, die Gegenleistung zu gering, der Umgang miteinander zu bürokratisch. "Vieles hat sich zum Negativen verändert. Es ist herzloser geworden, seit Act vor drei Jahren die Veranstaltung übernommen hat", sagt Klaus von Rönnen (70) aus Halstenbek. Er startet am Sonntag zum 25. Mal in Hamburg. "Meinen Spaß am Marathon lasse ich mir von niemandem nehmen."

Die Agentur Act war für ein Statement nicht zu erreichen.