Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Wenn es dann stimmt, dass in jeder Krise eine Chance steckt, haben die HSV-Handballer ihre wohl letzte jetzt erhalten. Der stark abgespeckte Etat für die neue Saison, der die Bundesligalizenz im zweiten Anlauf sichern, die Mannschaft aber von der Spitze ins Mittelfeld stürzen dürfte, ist der Preis, dass der Club die Alleinherrschaft seines langjährigen Präsidenten, Hauptsponsors und Mäzens Andreas Rudolph duldete, dulden musste oder wollte. Es war jahrelang sicherlich der einfachste Weg, sich erst in den Erfolgen und später auf Rudolphs Finca auf Mallorca zu sonnen. Die dunkle Seite dieser Macht drohte nun den gesamten Club im Schatten stehen zu lassen.

Damit soll nun Schluss sein. Interimspräsident Frank Spillner, Aufsichtsratschef Wolfgang Fauter und Geschäftsführer Holger Liekefett sind entschlossen, den Machtspielen des immer noch großzügigen Gönners mit nachhaltigen Vereinsstrukturen ein Ende zu setzen – damit künftig niemand mehr den HSV Hamburg im Alleingang aufs Spiel setzen kann.

Rudolphs Mitwirken ist dafür notwendig, und es wird auf das diplomatische, fast schon therapeutische Geschick des Trios ankommen, um gemeinsam eine für alle Seiten gesichtswahrende Lösung zu finden. Die gibt es längst. Das zeigen die Treuschwüre der Fans, die Bekundungen vieler Partner und Sponsoren, die Handballer selbst in schwierigen Zeiten begleiten zu wollen. Und alle im HSV sind weiter bereit, Rudolph die Hand zu reichen. Die sollte er allerdings ergreifen. Sonst wäre auch die letzte Chance verworfen – und Rudolphs Millionen für ein dann doch recht kurzes Vergnügen verschwendet.