Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Der Kontrast hätte nicht größer sein können. Am Montagabend waren die HSV-Handballer bei der neunten Hamburger Sportgala noch die umjubelte Mannschaft des Jahres, am Tag danach erklärte Präsident Andreas Rudolph den amtierenden Champions-League-Sieger zum Sanierungsfall, rief Stadt, Wirtschaft und Handballfans zur Unterstützung auf.

Die haben die Handballer wahrlich verdient, denn in seiner kurzen Historie hat der Club viel für das sportliche Renommee Hamburgs getan. Das nötigt ebenso Respekt ab wie das starke persönliche und über die Maßen großzügige finanzielle Engagement seines Präsidenten, Hauptsponsors und Mäzens Andreas Rudolph. Bis zu vier Millionen Euro soll der Medizinunternehmer jährlich in den Verein pumpen, versteuertes privates Geld wie das seiner erfolgreichen Firmen.

Es ist aber gerade diese eindimensionale Vereinsstruktur, die den HSV zum jetzt ausgerufenen Sanierungsfall werden lässt. Rudolph, sofern er es überhaupt ernsthaft wollte, hat es bislang nicht geschafft, den Verein von ihm unabhängig zu machen. Und das bleibt das Dilemma: Ohne Rudolphs Geld sind die hohen sportlichen Ziele, die sich der Verein weiter setzt, nicht zu realisieren, mit Rudolphs Geld wiederum wird es schwer, neben ihm neue große Sponsoren zu gewinnen.

In Hamburg, sagt Rudolph, hat Mittelmaß auf Dauer keine Chance. Einen Ausweg gibt es daher kurzfristig nicht, langfristig wohl schon: gute Nachwuchsarbeit. Das Konzept dafür liegt seit Jahren vor: 10+4: zehn Profis, vier Talente. Es hätte verdient, einmal ausprobiert zu werden.